15.8. – Ein aufregender Abend

Der Lunch fiel kurz aus. Nur ein Sandwich vom Frühstückslokal um die Ecke. Der Plan für den Nachmittag sah vor, die Brooklynbridge zu Fuß zu überqueren ( dort werden aber im Moment Inetandhaltungsmaßnahmen durchgeführt und deshalb ein großer Teil des Fußwegs von blickdichten Zäunen umschlossen, was die Sicht doch ein wenig behinderte), durch den Brooklyn Beach Park weiter nach Brooklyn selbst und von  dort, immer noch zu Fuß,weiter nach Williamsburg. So weit, so gut.  Die Brooklyn Bridge zu finden und zu überqueren war einfach, der Spaziergang durch den Brooklyn Bridge Park schön, der anschließende Marsch durch Brooklyn anstrengend aber sehr interessant. Wir durchquerten ein jüdisches Viertel, in dem offensichtlich nur sehr konservative Angehörige dieser Religion wohnten, waren doch alle in entsprechende Tracht gekleidet, Junge, Alte, Frauen. Alle weitgehend uniform. Ein untrügliches Zeichen von mindestens Konservativismus. Getrennt durch ein Viertel mit überwiegend schwarzer Bevölkerung, das ähnlich wie Harlem wirkte, aber in seiner  eher vorstädtischen Ruhe doch ganz anders war, folgte dem jüdischen ein christlich-arabisch gemischtes Viertel. Alle Arten von Shops wechselten mit Kirchen von Relkgionsgemeinschaften, deren Namen man in Europa wohl noch nie vernommen haben dürfte. Spannender sich eine Gegend zu erlaufen als in der auf 18 Grad herunter gekühlten Subway von a nach b zu fahren. Leider haben wir uns irgendwie verfranst. Wo und wie weiß ich nicht, ich glaube aber, dass wir zwar auf der richtigen Straße waren, nur am falschen Ende. In Deutschland eine Lapalie, in den USA durchaus ein Problem, ist doch die Bedford Avenue 16 Kilometer lang. Wir fanden irgendwo eine Subway Station. Die brachte uns ans Ziel:
nach Williamsburg, laut Lonely Planet DAS Viertel. Brooklyn im allgemeinen und Williamsburg im besonderen erleben gerade eine Art von Renaissance unter dem Banner des Schnurrbarts. Hier treffen sich die Hipster, aber auch alle möglichen anderen Leute, die wenig mit den aufpolierten Vierteln in Manhattan zu tun haben (wie z.B. dem Meatpacking District, der wohl vor zehn Jahren das In-Viertel gewesen war). Neben kleinen Shops, veganen Cafés gibt auch einige ziemlich coole Kneipen. In der Alligator Lounge gab’s für jedes Bier eine Pizza für umme dazu. Eine ganze.  Nicht die größte, aber mehr als genug. Das Angebot galt für jedes Bier, das man bestellt, ganz gleich ob es das erste oder das siebte war. Preis pro Bier: 6 $, ganz ok für die Gegend. Am Abend folgten wir einem Tipp, den uns der Gitarrist von  Agnostic Front vor ein paar Wochen ins Weinheim gegeben hat, als wir das Konzert von AF besuchten. In der Trashbar spielten an dem Abend insg. fünf Bands. Die vorletzte, No Small Children aus Californien, war richtig klasse. Drei Mädels, alle drei Lehrerinnen lieferten eine echt super Show ab mit einer Musik, die ich kurz als modernen Punk bezeichnen will. An der Bar gab’s für 15 $ drei Bier plus drei Kurze. Entsprechend lustig war der Abend dann auch. Die Taxifahrt zurück nach Harlem kostete nicht wie uns erzählt wurde 75 $, sonder lediglich knapp 30. Dafür komme nicht von Ka nach Bruchsal. Hier fahre ich dafür durch die halbe Stadt (Transport ist ohnehin günstig in New York. 7 Tage Metrocard kostet nur 31$).
Williamsburg unbedingt empfehlenswert.

Ein ruhiger Vormittag

Nach dem Hardcore-sightseeing von gestern schien mir heute Vormittag ein wenig Kontemplation angebracht. Meine Reisegefährten gingen shoppen, ich wollte in die Neue Galerie, die sich auf der 5th Ave befindet, ungefähr zwischen Guggenheim Museum und dem Metropolitan Museum of Art. Auf dem Weg dorthin ein kleines Frühstück (Bagel mit Frischkäse und Schwarztee). In einer kleinen, wundervoll hergerichteten Stadtvilla wird deutsche und österreichische Kunst (und Design) der Jahrundertwende (1900) gezeigt. Eine kleine, aber feine Sammlung, die ein Herr Sabarsky einst zusammengetragen hat sowie einige Leihgaben zum aus der Sammlung von Estée Lauder. Wenige, dafür nur große Namen finden sich: Klimt (u.a mit dem Bloch-Bauer II Portrait), Kokoschka, Schiele, Gerst, Kubin, Moser ( dem ein ganzes Stockwerk gewidmet ist). Nur 74 Leute dürfen gleichzeitig ins Museum, aus Sicherheitsgründen, wie auf irgendeinem Schild zu lesen steht. Entsprechend ruhig geht es zu. Ein  wundervoller Kontrast zu gestern mit den Massen am Times Square. Das Highlight des Museums ist neben dem Bloch-Bauer Porträt in meinen Augen der angeschlossene Buchladen, der vielleicht klein sein mag, aber alle relevanten Namen der Kunst und Literatur der vorletzten Jahrhundertwende anbietet. Beeindruckend.  Der Hin- und Rückweg am Central Park entlang gefällt bei strahlendem Sonnenschein besonders.

New York City

Gestern der erste ganze Tag in New York. Verena, die schon ein paar Mal da war, führte mich herum. So gut wie alle Sehenswürdigkeiten in Manhatten an einem Tag, sogar eine Fahrt auf der Staten Island Ferry vorbei an der Freiheitsstatue. Ein hartes Programm, das aber einen sehr guten  ersten Eindruck von der Stadt vermittelt. Die schiere Größe der Stadt, das Gewusel der Menschen darin, der allgegenwärtige Lärm, der auch nachts kaum verstummt. Klar die Straßenschluchten sind  beeindruckend, so was kennt der kleinstädtische Badener nur aus dem Fernsehen. Aber ehrlich gesagt haben mich diese riesen Gebäude eher eingeschüchtert, nach ein paar Stunden zwischen ihnen sogar beunruhigt, denn man kann zwischen ihnen den Himmel kaum sehen. Die meisten Wolkenkratzer sind einfach nur hässlich, die knappe Resource Raum effizient ausnutzend. Das Chrysler Building dagegen ist großartig mit seinen metallenen Verzierungen und den monströsen Gargoyles ein wunderschönes Beispiel einer untergegangenen Epoche (architektonisch und politisch). Von der Fähre aus konnte ich noch ein anderes Hochhaus sehen, das mit seinem steinernen Bogen zu seiner Zeit sehr beeindruckend gewesen sein muss, heute aber zwischen den gigantischen Türmen eher wie ein Puppenhaus wirkt. Der berühmte Times square ist der Gipfel der marktorientierten Welt. Krach (optisch), ein Gedränge ohnegleichen; die Menschen auf den
Straßen, die Werbung an den Häusern.  Da muss ich nicht mehr hin. Harlem, wo wir wohnen, gefällt mir da wesentlich besser. Ein wenig schlampig und dreckig alles. Ein Restaurant, ein Fastfoodladen, ein Deli, eine Kirche, dazwischen ein paar Wohnungen. Die Leute sind laut, diskutieren und streiten offensichtlich gern. Man hört viel Spanisch und sehr oft starkt karibisch gefärbtes Englisch, das klasse klingt, mir aber zum Großteil unverständlich bleibt. Auf der Straße begegnet man Menschen aus aller Herren Länder,  und das sind nicht nur Touristen, sondern wohl Amerikaner.  Dass die USA ein Einwanderungsland ist, wird nirgends deutlicher als hier. Diese Stadt ist so spannend, man möchte länger hierbleiben.

Anfang August – Algonquin Park

Nach 4 Tagen lassen wir das Großstadtgetümmel Torontos hinter uns, um in den ältesten Naturpark Kanadas – den Algonquin National Park – aufzubrechen. Natürlich nicht ohne uns bis unters Dach unseres SUVs mit Vorräten eingedeckt zu haben. Das allerdings gestaltete sich schwieriger als zunächst amgenommen: Dass der Einkauf von Alkohol hier mit mehr Auflagen verbunden ist als die Beschaffung einer halbautomatischen Waffe in den USA hatten wir schon gelernt, dass man allerdings im Walmart kein Obst und Gemüse kaufen kann (hierfür gibt es eine  extra Supermarkt! ) war uns neu. Vielleicht wäre auch das mal ein Ansatzpunkt das wachsende Problem der übergewichtigen nordamerikanischen Bevölkerung.  Je näher wir dem Park kommen, desto spärlicher wird der Verkehr und als wir die letzten drei Kilometer auf einer einspurigen Schotterpiste zurücklegen, wird allen unmissverständlich klar: wir sind in der Wildnis! ( Dass wir allerdings selbst hier nicht alle Zivilisationskrankheiten hinter uns gelassen haben, beweist Verenas prächtige Erkältung – die Klimaanlagen Torontos lassen grüßen …)
In unserem Cottage direkt am Purdy Lake heißt uns eine fast unheimliche Stille willkommen und beinahe fühlt sich der reizüberflutete Städter überfordert mit so viel Natur, wären da nicht ein See, den es mittels Ruderboot und Kanu zu erobern sowie eine Lagerfeuerstätte, die es zu entzünden gilt. Und so erholen wir uns mit Büchern, Kartenspielen, wandern und angeln vom „Stress“ der letzten Tage. Denn wenn man erkennt, dass das große Problem, das man hat, die Frage ist, welchen Röstegrad der perfekt gegrillte Marshmellow hat, darf man mit Fug und Recht behaupten: wir sind entspannt!

31.7. 2013 – Weinprobe bei Dan Aykroyd

Mit erheblicher Verspätung ein weiterer Post über unseren Ausflug zu den Niagara Falls.
Auf dem Heimweg von den Niagara Falls zurück nach Toronto durch eine malerische Landschaft mit schön gelegenen Häuschen, einem Paradies für Rentner, führte uns der Fahrer noch zu einer Winzerei, wenn man diesen Industriebetrieb denn so nennen möchte, in der einige der umliegenden Weingüter ihre Weine produzieren lassen, darunter auch das Weingut von Dan Aykroyd (der aus Ottawa stammt, wer hätte das gedacht, schon wieder was gelernt). Ich habe noch nie von kanadischem Wein gehört, aber ich wusste ja auch nicht, dass Dan Aykroyd Kanadier ist. Auf der Wiese hinter dem kleinen Shop der Winzerei waren unter einem Pavillon aus dem Baumarkt ein Biertisch aufgebaut.  Dort führte uns eine junge, freundliche Angestellte in die Geheimnisse des kanadischen Weins ein, mit der Frage beginnend, wer unter den Anwesenden denn gerne Chicken Wings esse. Dem zustimmenden Raunen der Besucher kam sie entgegen, indem sie sagte, dass der nun zu verköstigende Wein namens „Hatrick“, ein Cuvée aus Riesling, Chardonnay und Gewürztraminer, perfekt zu den frittierten Hühnerteilen und auch zu Spare ribs passe. Dem kann ich nicht widersprechen.  Dieser Wein war so schwachbrüstig, charakterlos und nichtssagend, dass er zu jedem Essen passen dürfte.  Ob die  nette Dame vergaß uns darauf hinzuweisen, unser Glas vor dem nächsten Wein auszuspülen oder ob das eine besondere Tradition im kanadischen Weinbau ist, jeden Wein in das Glas mit den Rückständen des vorherigen Weins zu schütten, hat sich mir nicht ersculossen. Ein französisches Pärchen, ein italienisches und wir spülten unsre Gläser dann doch aus. Europa 1 Nordamerika 0. Als nächstes präsentierte die Dame voller Stolz eines der Spitzenprodukte des hiesigen Weinbaus, einen  Eiswein, der so brutal süß war, dass ich noch immer Angst habe, Karies zu bekommen. Wie ein Schlag ins Gesicht, dieser Tropfen. Umständliche Erklärungen über Herstellung und Genuß dieses Weines folgten. Ich zitiere hier nur ein paar der Aussagen: passt zu Wodka; trinken Sie nicht zuviel davon, der Kater am nächsten Morgen ist brutal; seien Sie vorsichtig, wenn Sie zuviel davon trinken, müssen Sie kotzen.
Wer noch Lust hatte, durfte zum Schluss noch einen roten Eiswein verköstigen, eine besondere Spezialität der Gegend. 95% der weltweiten Eisweinproduktion, vielleicht auch nur der des roten, kämen aus Kanada. Toll! Masse schlägt Qualität 1 zu 0. Vielmehr ist nach gutem kapitalistischen Grundsatz Masse gleich Qualität, da ja schließlich nur produziert wird, weil jemand kauft. Der rote Eiswein war der beste der drei Weine, aber das heißt nichts. Für einen knappen halben Liter muss man 40 $ hinlegen, umgerechnet 28 € ohne Steuern. Man pries uns auch den in kleine, stabile Flaschen abgefüllten Weins besonders an, weil dieser im Gegensatz zu dem in der herkömmlichen 0, 7l Flasche gerade wegen der Stabilität des Behaltnisses sowie der Einfuhrbestimmungen für Touristen cleveren Flaschegröße und höheren Alkoholgehalts das deutlich bessere Produkt sei. Ich habe keinen gekauft. Die gesamte Weinprobe inklusive Zeit fürs Stöbern im Sortiment der Winzerei dauerte nur knapp eine halbe Stunde. Als ich wieder in den Bus stieg, war mir schwindelig und ei leichtes Gefühl der Übelkeit stellte sicb ein. Nicht der Wein war daran schuld, sondern die Liederlichkeit, die Schamlosigkeit, die Respektlosigkeit, kurz die unfassbar geringe Wertschätzung gegenüber dem eigenen Produkt.
Mag sein, dass man so in Sachen Wein gänzlich unkundigen Nordamerikanern das eigene Produkt andrehen kann und diese sich schön kultiviert vorkommen, wenn sie zu den Chicken Wings aus dem Eimer demnächst einen Eiswein mit Wodka, am besten noch aus dem Strohhalm, schlürfen. Für mich, und ich schließe damit die oben erwähnten Franzosen und Italiener, die mir völlig unbekannt geblieben sind, mit ein, war das eine richtig schäbige Nummer.

Toronto

Eine sehr entspannte  Stadt mit fast 3 Mio Einwohnern. Klar,  man merkt schnell, dass man in Nordamerika ist. Die Straßen, die Autos, die Softdrinks, alles eine oder zwei Nummern größer als bei uns. Wir wohnen hier in Chinatown in der Nähe des großartigen Kensington Markets, der ein wenig abseits der großen Spadina Avenue in liegt und einen an die Londoner Puertbello Road erinnert, nur ist Kensington Market  eine ganze Ecke alternativer und Gott sei dank lang nicht so überfüllt mit Touris. Im Ganzen wirkt Toronto fast ein wenig  europäisch.
Aber man ist eben doch  am Lake Ontario und nicht an Themse Spree oder Rhein. Hier geht man zum Eishockey, zum Baseball ( die Toronto Blue Jays sind wohl die Favoriten in der Stadt) oder wie wir zum Football, zu den Toronto Argonauts spielen. Wo die ihren mythologischen Namen herbaben, konnte ich noch nicht herausfinden, aber das Maskottchen heißt entsprechend Jason (sprich Tschäiisnnn) und rennt einer Schaumstoffrüstung im Mangastil herum. Und Jason ist echt auf Trab unterhält die Fans, da können sich Willy Wildschwein und der lahme Eisbär der BG mal ne dicke Scheibe abschneiden. Die Stimung im Stadion ist viel entspannter und ruhiger als in einem  Fußballstadion, kaum Polizei ist unterwegs. Alles gut durchdacht und  organisiert.  Zig Kassen und Eingänge, jede Menge Bier- und Hotdogbuden. Allerdings darf man nur zwei Bier auf einmal kaufen, was sehr anstrengend werden kann, vor allem wenn man sich klar macht, dass ein Spiel 2, 5+ Stunden dauern kann. Ein großes Bier kostet knapp 11 $, das sind grob gesprochen acht Euro. Und groß heißt ein Pint! Dafür kann koschere Hotdogs kaufen.

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