1. Heute ist Sonntag, wir sind also seit 5 Tagen unterwegs und haben in dieser Zeit schon einige Erkenntnisse über Land und Leute gewonnen. Für den im Ausland als spießig und regelverliebt verschrieenen Deutschen vielleicht die wichtigste: Es gibt eine Nation, von der wir in Sachen Regeln noch Einiges lernen können,vor allem wenn es um’s Parken geht. In Oslo hatten wir dieses Kapitel ja durch den „Ikea-Trick“ elegant umgangen, in Stavanger jedoch gab es kein Entkommen mehr. Jede Straße im Zentrum ist mit Schildern versehen, die angeben, wann man dort parken darf. Erschwert wird die Sache dadurch, dass auf fast allen weitere Zusätze die Parkbedingungen spezifizieren. Selbstverständlich auf norwegisch. Kostenpflichtige Parkplätze können nur mit Kreditkarte bezahlt werden. Aber nicht mit den unsrigen. Eine Erklärung bekommen wir nicht, bzw.auf norwegisch. Also stellen wir uns vorläufig ins Parkhaus und machen dann mit beim leicht absurd anmutenden Auto-Umparkspiel, das hier alle zu spielen scheinen, denn die große Straße in unserer Nähe ist tagsüber komplett autofrei, sobald aber 18 Uhr ist, schießen wie aus dem Nichts von überall Autos hervor, um sich die besten Plätze für die nächste Nacht zu sichern. Uns dem Ganzen in guter linker Tradition zu widersetzen, trauen wir uns bei den Preisen, die überall aufgerufen werden, nicht. Vermutlich würde uns ein einziger Strafzettel an den Rande des Ruins bringen…
  2. A propos Ruin: Befeuert durch das Internet sowie wilde Warnungen derer, die Norwegen schon einmal bereist haben, hatten wir uns aus Angst hier oben entweder zu verarmen oder zu verhungern, bereits in Deutschland zu Hamsterkäufen hinreißen lassen, die einem an der Kasse die Schamesröte ins Gesicht trieben: 72 €für Fertiggerichte. Nicht ein einziges Vitamin im Wagen. Herr Maggi und Herr Knorr hätten sicher vor Rührung geweint. Jetzt jedoch kommt man sich, wenn man die Preistafeln  vor den Restaurants sieht, sehr schlau und weitsichtig vor. 26€ für ein Curry, 10 € für ein Bier, 15€ für einen Döner. Einen DÖNER!! Im Supermarkt ist es immerhin ein bisschen humaner, da sind die Dinge etwa 2 (Bananen) bis 4 Mal (Brot) so teuer wie bei uns.
  3. Die dritte wichtige Erkenntnis ist, dass Planen hier zwar ein hübscher Zeitvetreib ist, aber eben nicht mehr. Zumindest nicht, wenn der Plan vom Wetter abhängt und die Wettervorhersagen hier mehr eine Glaskugelwissenschaft sind. So wurde unser sauber ausgefeilter Wanderplan (abseits der Massen nicht zum Preikestolen zu pilgern, sondern den höchsten Gipfel der Gemeinde Sandes zu erklimmen) vom prasselnden Regen verhindert. Dass aber eine Planänderung nicht immer etwas Schlechtes sein muss, erkannten wir spätestens,  als wir unsere Partie Scrabble auf Norwegisch (oder dem, was wir dafür hielten) in einem sehr liebenswürdig verschrobenen Café beendet hatten, und uns bewaffnet mit einer im Netz gefundenen Karte auf die Jagd nach Streetart machten und ein völlig anderes Stavanger abseits der Touristenmeile in Gamla Stavanger entdeckten. Großartige Kunstwerke bald überlebensgroß an Fabrikgebäuden verewigt, bald im Handtaschenformat hinter der nächsten Ecke versteckt. Was man alles so sieht, wenn man einmal die Augen aufmacht. Wahnsinn. In diesem Sinne erwarten wir mit Spannung die Dinge, die noch kommen mögen, und machen uns  morgen in die Hardangervidda. (Gastbeitrag von Karla Kolumna)


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