Vom Wandern

Das Wichtigste zuerst:Der Norweger hat ein gänzlich anderes Verständnis vom Wandern als der Deutsche. Diese Erkenntnis, die hier lapidar in einem Satz dargelegt ist, musste  wir uns allerdings hart erarbeiten. Aber von Anfang an.

Wir sind nun am Hardangerfjord angekommen in einem Häuschen, das wir schon vor Monaten gebucht haben, da man vom Sofa aus nicht nur direkt auf den Fjord blickt, sondern es auch ein Bootshaus mit eigenem Fjordzugang hat. Die Feuerstelle, an der wir abends die „Grillsesong“ (das ist tatsächlich ein richtiges norwegisches Wort – der Badner wird im Stillen jubilieren) einläuten, während die Sonne (!) hinter dem Berg verschwindet, macht das Glück vollkommen.

Da wir hier, da nun das Wetter mitspielt, endlich wandern wollen, fragen wir unsere Vermieterin (an dieser Stelle ein großes Dankeschön an Iren für alles, nicht zuletzt für den Rentiertopf, den sie für uns gekocht hat) nach Tipps. Auf alle Fälle stimmt sie uns zu, als wir verkünden, nicht die bekannteste Route zu Trolltunga laufen zu wollen, da wir nicht sicher sind, ob uns 10km in einigermaßen anspruchsvollem Terrain nicht zu viel sind. Da seien ohnehin zu viele Touristen, meint sie und schlägt stattdessen den Dronningstien, den Lieblingsweg der Königin, vor. Rote Route, d.h.Anspruch 3 auf einer Skala von 1 bis 5 und eine Länge von 16km. 16km statt 10?? Wohl norwegische Logik. Schließlich einigen wir uns, dass wir einen Teil dieses Weges von Lofthus aus wandern werden. So machen wir uns am nächsten Morgen bei traumhaftem Wetter auf die Socken. Doch als wir unser Auto auf dem Parkplatz abstellen, ereilt mich der erste Schock. Über uns thront majestätisch ein Berg. Den sollen wir rauflaufen? Von ganz unten? Ein Blick auf eine Infotafel verrät uns das ganze Ausmaß  der Katastrophe: 1100 Meter. Wir befinden uns auf Höhe des Meeresspiegels. Und der Weg ist lediglich 5 km lang. Ich starre ungläubig auf die Tafel. Aber was soll’s, jetzt, wo wir schonmal da sind, haben wir wohl keine andere Wahl. Also machen wir uns auf Richtung Gipfel. Los geht es zunächst harmlos über geteerte und später geschotterte Serpentinen durch Hänge, an denen abertausende Äpfel wachsen. Stetig geht es bergauf, immer steiler, bis wir teils auf allen Vieren enge Waldwege mehr hinaufklettern als -wandern und nach einer knappen Stunde beginnt mein Körper sich zu wehren, die Beine schmerzen, der Puls rast. Das endgültige Aus für die Moral ist ein weißer Kastenwagen, der auf einmal mir nichts dir nichts an uns vorbeifährt. Die Priviligierten müssen den Berg anscheinend  nicht im Schweiße ihres Angesichts erklimmen. Gedanken wie „In Deutschland gäbe es hier schon lange eine Seilbahn!“ oder „Wenn das ein roter Weg ist, wie sehen dann die braunen und schwarzen aus? Senkrecht die glatte Felswand hoch?“ machen sich breit, aber Christian fühlt sich „richtig geil“, also habe ich wohl keine Wahl und quäle mich weiter aufwärts. Und dann passiert das, wovon man so oft hört, was man als durchschnittsfauler Breitensportler aber selbst nie erlebt: Man ist durch den Schmerz durch, die Beine werden leicht, der Puls wird wieder ruhig, der Kopf wird leer und man ist frei. Man geht einfach in dem Gefühl noch tagelang so weiterlaufen zu können. Schließlich erreichen wir so über unzählige Treppenstufen, die ab einer Höhe von etwa 800 Metern hier im Mittelalter von Mönchen erbaut wurden und momentan von nepalesischen Arbeitern ausgebessert und erweitert werden, das Hochplateau der Hardangervidda, der größten Hochebene Europas. Überwältigt vom Ausblick in den Fjord tief unter uns auf der einen und in die karge Ebene jenseits der Baumgrenze auf der anderen Seite können wir beide es kaum fassen, dass wir in nur 2,5 Stunden 1100 Höhenmeter bewältigt haben. Stolz wie Oskar genießen wir unseren Triumph bei einem Vesper, bevor wir den Abstieg wagen in Richtung Fjord, Heimat und Grillsesong. (Gastbeitrag von Karla Kolumna)

Von Parken, Planänderungen und Preispolitik

  1. Heute ist Sonntag, wir sind also seit 5 Tagen unterwegs und haben in dieser Zeit schon einige Erkenntnisse über Land und Leute gewonnen. Für den im Ausland als spießig und regelverliebt verschrieenen Deutschen vielleicht die wichtigste: Es gibt eine Nation, von der wir in Sachen Regeln noch Einiges lernen können,vor allem wenn es um’s Parken geht. In Oslo hatten wir dieses Kapitel ja durch den „Ikea-Trick“ elegant umgangen, in Stavanger jedoch gab es kein Entkommen mehr. Jede Straße im Zentrum ist mit Schildern versehen, die angeben, wann man dort parken darf. Erschwert wird die Sache dadurch, dass auf fast allen weitere Zusätze die Parkbedingungen spezifizieren. Selbstverständlich auf norwegisch. Kostenpflichtige Parkplätze können nur mit Kreditkarte bezahlt werden. Aber nicht mit den unsrigen. Eine Erklärung bekommen wir nicht, bzw.auf norwegisch. Also stellen wir uns vorläufig ins Parkhaus und machen dann mit beim leicht absurd anmutenden Auto-Umparkspiel, das hier alle zu spielen scheinen, denn die große Straße in unserer Nähe ist tagsüber komplett autofrei, sobald aber 18 Uhr ist, schießen wie aus dem Nichts von überall Autos hervor, um sich die besten Plätze für die nächste Nacht zu sichern. Uns dem Ganzen in guter linker Tradition zu widersetzen, trauen wir uns bei den Preisen, die überall aufgerufen werden, nicht. Vermutlich würde uns ein einziger Strafzettel an den Rande des Ruins bringen…
  2. A propos Ruin: Befeuert durch das Internet sowie wilde Warnungen derer, die Norwegen schon einmal bereist haben, hatten wir uns aus Angst hier oben entweder zu verarmen oder zu verhungern, bereits in Deutschland zu Hamsterkäufen hinreißen lassen, die einem an der Kasse die Schamesröte ins Gesicht trieben: 72 €für Fertiggerichte. Nicht ein einziges Vitamin im Wagen. Herr Maggi und Herr Knorr hätten sicher vor Rührung geweint. Jetzt jedoch kommt man sich, wenn man die Preistafeln  vor den Restaurants sieht, sehr schlau und weitsichtig vor. 26€ für ein Curry, 10 € für ein Bier, 15€ für einen Döner. Einen DÖNER!! Im Supermarkt ist es immerhin ein bisschen humaner, da sind die Dinge etwa 2 (Bananen) bis 4 Mal (Brot) so teuer wie bei uns.
  3. Die dritte wichtige Erkenntnis ist, dass Planen hier zwar ein hübscher Zeitvetreib ist, aber eben nicht mehr. Zumindest nicht, wenn der Plan vom Wetter abhängt und die Wettervorhersagen hier mehr eine Glaskugelwissenschaft sind. So wurde unser sauber ausgefeilter Wanderplan (abseits der Massen nicht zum Preikestolen zu pilgern, sondern den höchsten Gipfel der Gemeinde Sandes zu erklimmen) vom prasselnden Regen verhindert. Dass aber eine Planänderung nicht immer etwas Schlechtes sein muss, erkannten wir spätestens,  als wir unsere Partie Scrabble auf Norwegisch (oder dem, was wir dafür hielten) in einem sehr liebenswürdig verschrobenen Café beendet hatten, und uns bewaffnet mit einer im Netz gefundenen Karte auf die Jagd nach Streetart machten und ein völlig anderes Stavanger abseits der Touristenmeile in Gamla Stavanger entdeckten. Großartige Kunstwerke bald überlebensgroß an Fabrikgebäuden verewigt, bald im Handtaschenformat hinter der nächsten Ecke versteckt. Was man alles so sieht, wenn man einmal die Augen aufmacht. Wahnsinn. In diesem Sinne erwarten wir mit Spannung die Dinge, die noch kommen mögen, und machen uns  morgen in die Hardangervidda. (Gastbeitrag von Karla Kolumna)

    Abendgestaltung in Oslo

    Wenn der Abend naht, steht der durchschnittliche Tourist in Norwegens Hauptstadt vor einem Problem: Das Trinken von Alkohol jedweder Art in der Öffentlichkeit ist verboten. Das Trinken von Alkohol jedweder Art in Bars oder Kneipen ist schlichtweg nicht erschwinglich. Dazu kommt, dass ein Abend wie heute, an dem sich die Stadt von ihrer grandiosesten Seite zeigt und alles in ein wunderschön warmes Abendlicht taucht, einem geradezu verbietet, im Zimmer vor olympischen Schwimmwettbewerben vor sich hin zu gammeln. Füchse, die wir sind, haben wir aber auch für dieses Problem eine Lösung: Flugs wird der importierte Gin in eine ausgediente Wasserflasche gefüllt und ab geht es auf das Dach (!) der Oper, eine der größten Sehenswürdigkeiten hier, wo wir in aller Seelenruhe auf den Oslofjord blickend unser „Wässerchen“ genießen und uns im Geheimen fragen, was wohl die Flaschen der Menschen um uns herum enthalten.

    Gastbeitrag von Karla Kolumna

    Nr. 6: Historisches Museum

    Als letztes Museum das historische. Das  besuche ich allein, V. hat genug gesehen für heute. Ich noch nicht. Vllt. bin ich museumssüchtig? Und wenn schon. Obwohl in einem großen Gebäude untergebracht, ist die Ausstellung eher klein. Wenig Ägypten, wenig Griechen, warum auch, das passt woanders besser. Naturgemäß Deutlicher Fokuss auf die Geschichte des Landes ab der Christianisierung, leider nichts zur vorgeschichtlichen Zeit Norwegens. Einen weiteren Schwerpunkt bilden die indigenen nordischen Völker rund um den Polarkreis. Die zeitgenössische Kultur der Samen und deren Intergration in die Nationalstaaten, die ihr traditionelles Siedlungsgebiet beherrschen, rundet diesen Bereich ab. Die Sonderausstellung zur Geschichte des persönlichen Schmuckes bzw. der persönlichen Gegenstände hat mich nicht abgeholt. 

    Nr. 5: Die Nationalgalerie

    Größte Sammlung von Werken Munchs, natürlich auch „Der Schrei“. Mal schauen, was es sonst noch zu sehen gibt. Ne ganze Menge!! Eine kleine, aber feine Zusammenstellung von Impressionismus bis Expressionismus, sogar ein Macke findet sich darunter. Neben den bekannten internationalen Größen wir Degas, Cezanne, Matisse auch viel Einheimisches, mir als Laien kaum oder nicht Bekanntes: Krogh oder Werenskiold, der einen krassen Fotorealismus oder eher Naturalismus zeigt. Wie gesagt, Munchs „Schrei“ ist auch zu sehen, die Menschentraube davor überraschend klein und damit für mich überschaubar. Bilder evtl. später.

    Nr. 4: Folketmuseum

    Wie die drei bereits erwähnten Museen liegt auch dieses auf der Halbinsel ?…. , die der Stadt vorgelagert ist und wo nicht nur der König ein Sommerhäuschen hat. Eine großzügige Anlage versammelt allerhand historische Gebäude aus ganz Norwegen, die hier orginalgetreu wieder aufgebaut wurden. Einige kann man betreten und in manchen zeigen Schauspieler Leben und Handwerk vergangener Zeiten. Vergleichbar mit Skansen in Schweden nur größer und weitläufiger. Schön, um einen beschaulichen Nachmittag zu verbringen.

    Kon Tiki-Museum

    Ein paar hundert Meter weiter das Kon Tiki Museum, das neben der Kon Tiki auch die Ra und ein Model der Tigris zeigt. Von der Eleganz der Vikingerschiffe ist hier nichts zu sehen. Vertrauen erwecken diese Konstruktionen nicht. Umso beachtlicher der Mut der Männer um Thor Heierdahl, sich auf diesen Schiffen auf den Ozean hinauszuwagen. Und das nur um der Wissenschaft willen. Respekt!

    Vikingerschiff-Museum

    Das erste Museum zeigt drei gut erhaltene Vikingerschiffe aus der Zeit um 900 n. Chr. sowie Artefakte aus dem Alltag. In den Schiffen wurde hohe Würdenträger bestattet, später ein Erdhügel darüber errichtet. Dennoch waren alle Schiffe seetüchtig und jahrelang im Einsatz. Eines könnte bei der Eroberung von Paris 843 dabei gewesen sein. Sehr elegante Schiffe. Für Kriegsschiffe erschreckend schön in ihrer Schlichtheit.

    Da der Bilderupload der Worpress-App total beschissen ist, gibt es leider keine/kaum Fotos

    Eine Kreuzfahrt im Kleinen und clever Parken in Oslo

    Welch ein Kontrast: drei Tage Punk-Festival im Ruhrpott und gestern eine Kreuzfahrt im Kleinen. Auf den 20 Stunden Fahrt von Kiel nach Oslo wird einem alles geboten, was man   von einer Kreuzfahrt erwartet: ein riesiges Schiff mit 8 Restaurants, einem halben Dutzend Bars, Kino, Schwimmbad, Disko, Fitnessraum und Spa und Showprogramm, alles getaucht in bunten Kitsch. Solch ein Zinnober für eine Autofähre, die nur 20 Stunden unterwegs ist. Immerhin, langweilig wird einem nicht. Und 20 Stunden in der fensterlosen Kabine will man schließlich auch nicht hocken. Wir haben uns für das Fitness-Wohlfühlprogramm entschieden und sind nicht ins Kino gegangen. Die Überfahrt war im Ganzen recht ruhig, soweit ich das beurteilen kann. Leichtes Schaukeln erinnerte einen, dass man auf See war. Für die 15min Verspätung entschuldigte man sich mehrfach aufrichtig. Ein Klacks bei 20 Stunden Fahrt. Von der Fähre zum Hostel waren es nur ein paar Kilometer. Dauerhaft Parken ist im Zentrum von Oslo aber unmöglich oder im Parkhaus lächerlich teuer. Ein Mitarbeiter des Hostels gab den Tipp. Einfach das Auto auf dem Parkplatz  von IKEA (am Standrand) abstellen und mit dem IKEA-Shuttlebus (kostenlos) zurück in die Innenstadt. Und genau so haben wir es auch getan, nachdem wir das Gepäck im Hostel gelassen haben. Wenn das Auto übermorgen noch steht, war das ne super Idee 🙂

    Am Nachmittag noch einen ausgedehnten Stadtrundgang ( knappe 10km) und dabei erste Eindrücke gesammelt. Besonders nett ist das Viertel Grønerlokka, kleine Shops, viele hippe Bars. Hier kann man es aushalten. Anbei noch ein paar Bilder von der Kreuzfahrt und Oslo. Das schiefe Gebäude ist die Oper. Praktisch: man kann drauf herumlaufen.

    Fiskidagurinn mikli in Dalvik

    2010 durften wir in Olhao, Portugal das Festival do marisco miterleben. Vielleicht habe ich sogar war darüber hier im Blog geschrieben. Ein tolles Fest mit jeder  Menge Musik und haufenweise Meeresfrüchten. Ich erinnere mich noch gut daran,  wie wir Park am Hafen saßen und mit einem alten Fischer, der zum  Ärger seiner Ehefrau schon mächtig einen im Tee hatte, Bier gegen Meeresfrüchte getauscht haben. Von uns ein Becher Bier,  von ihm drei große Garnelen.
    Gestern durften wir in Dalvik,  im Norden Islands, das Fiskidagurinn mikli, das große Fischfest, miterleben. Nach Dalvik waren wegen einer Whalewatching-Tour gekommen, im übrigen mir der Sichtung eines Buckelwals aus nächster Nähe ein atemberaubendes Erlebnis war; auch wenn 20% der Mitreisenden der Wellengang so zu schaffen machte, dass  man vor lauter Seekranken manchmal kaum einen  Platz an der Reling finden konnte.
    Nach der Tour schlenderten wir ei wenig über das Fest. Die Ahnlichkeiten zum Festival do marisco sind schnell aufgezählt: zahlreiche Stände boten die unterschiedlichsten Spezialitäten  an, alles Fisch. Bühne mit Livemusik, Kinderprogramm, tolle Stimmung, gutes Wetter. Doch im Unterschied zum Festival do marisco war in Dalvik alles!!!, wirklich alles umsonst. Klar, die Portionen waren klein und die Schlangen vor manchen Buden lang. Aber weil niemand irgendwo etwas zahlen musste, stand man nirgends länger 5 Minuten. Softdrinks und Kaffee etc. waren ebenfalls umsonst. Die Gemeinde Dalvik lädt so jedes Jahr an einem Wochenende Anfang August Besucher ein, egal ob Tourist oder Einheimischer. Dieses Jahr sollen an den von Freitag bis Sonntag 30000 Besucher auf dem Fest gewesen sein. Das Fest hat offenbar auch einen eigenen Song. Den lieben langen Tag spielte das Radio einen an Rickie Martin erinnernden Song, der den Namen des Festes im Refrain wiederholte: Fiskidagurinn mikli.
    Um eine Eindruck von der Vielfalt des Angebots zu geben, zähle ich mal auf, was wir probiert haben:
    gedünsteter Heilhutt an Tomaten und Paprika, dazu Schrimpssalat mit Blauschimmelkäse und Brötchen
    gedünsteter Lachs mit Ingwersoße, dazu  s.o.
    Fischburger
    Rohe Schrimps mit Sojasoße
    Roher Lachs mit Sojasoße
    Roher Schweinswal mit Sojasoße
    Getrockneter Fisch (Heilbutt) mit ein wenig Butter
    traditionelle Fischsuppe.
    LECKER!!!

    Wärme/Kälte

    Im Schnitt scheint auf Island im August fünf Stunden am Tag die Sonne (davon sind wir aber weit weg im Moment). Aber das reicht nicht für Temperaturen von 20 Grad  oder mehr. Mit 15 sollte man zufrieden sein. Der an Sonnenschein und Wärme gewohnte Süddeutsche wird hier bescheiden und freut sich über jeden Sonnenstrahl. Im Ganzen bleibt es also eher kühl. Einheimische erkennt  man ganz einfach daran, dass sie die einzigen sind, die sich in Tshirt oder Pullover auf die windigen nassen Straßen trauen. Jacken bleiben für Minusgrade reserviert. Aber  wenn die Wärme nicht von oben kommt, dann nutzt man eben die aus der Erde. Darin hat es der Isländer zu wahrer Meisterschaft gebracht. Island deckt bekanntlich einen Großteil seines Energiebedarfs mittels Geothermie. So teuer das Leben in Island sein mag, für kaltes Wasser zahlen die Isländer nichts, für warmes Wasser nur ganz wenig. Doppeltverglaste Fenster, Niedrigenergiehäuser? Alles Schnickschnack hier. Einfach die Heizung aufdrehen. Die Wärme aus der Erde wird aber am liebsten dazu verwendet, Hot tubs oder Swimmingpools anzulegen, deren Wasser entweder mittels Geothermie erhitzt wurde oder direkt aus der Erde kommt. Pools und Tubs sind die wahre Leidenschaft der Isländer. Jedes Kaff hat einen öffentliches Schwimmbad, Hot tubs sind über das ganze Land verstreut, manche von Mauern eingefasst, andere werden so benutzt, wie sie sind. Ist der Fluss oder Teich warm, spring rein und genieß es! Das ist also das Motto der Isländer.
    Ob sie die Pizza mit Rentier im Café Skaftfell in Seydisfjördur mit Hilfe der Geothermie gebacken haben, weiß ich nicht. Ausgezeichnet war sie auf jeden Fall.
    Man kann die heißen Quellen nämlich tatsächlich zum Kochen benutzen;  zum Spaß ein Ei im heißen Wasser. Oder man backt Brot oder Kuchen im heißen Gestein wie die Einheimischen.
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    Von Skôgar nach Seydisfjördur

    Die Landschaft hier ist einfach atemberaubend. Hinter jeder Kurve bietet sich dem Reisenden eine neue, spektakuläre Aussicht. Auf der knapp 600km langen Fahrt von Skôgar nach Seydisfjördur im Osten der Arbeit Insel kommt man aus dem  Staunen nicht mehr heraus. Berge, Gletscher, Abhänge, ein riesiges Lavafeld, so groß und unheimlich,  man glaubt sich auf einem fremden Planeten. Das bedrohliche Schwarz des Lavafeldes macht nach einer Weile einem seltsamen gelblichen Grün des Mooses Platz, das 25cm dick die Lava überdeckt. Manchmal liegt der Geruch von faulenden Eiern in der Luft, dann scheint eine geologisch aktive Gegend zu durchqueren. Mitten im moosbedeckten Lava wächst ein kleines rotes Kraut. Es verströmt in dieser unwirtlichen Landschaft einen Duft, an Honig erinnert. Dieser Kontrast trifft einen völlig unvorbereitet. Umso größer das Erstaunen. Alle Sinne sind gefordert, wenn  man durch diese Landschaft reist. Knapp 600km strengen auf Deutschlands Autobahnen richtig an, hier zuckelt man entspannt mit 90 km/h dahin, vom böigen Wind hin und wieder überrascht,  und kommt aus dem Staunen über die Landschaft nicht heraus. Die Straße folgt einige Zeit den großen Fjorden an der Ostküste. Nach dem dritten Fjord hat man davon aber langsam genug. 15km in den Fjord hinein und auf der anderen Seite das gleiche wieder hinaus, nur um nach der nächsten Kurve in den nächsten Fjord zu fahren. Wir haben im längsten der Fjorde an dessen Ende eine Abkürzung gefunden, die uns 21km lang auf unbefestigten Straßen bei zum Teil 17% Steigung bzw. Gefälle mitten ins Hinterland führte, wo wir wieder auf Ringstraße Nr. 1 trafen. Die abenteuerliche Fahrt hat uns immerhin 80km Weg erspart. Echt anstrengend waren die letzten 10km hinunter nach Sedisfjördur. Auf der Hochebene umfing uns dichter Nebel. Der Straßenrand war kaum zu sehen. Gelegentlich konnten man links u d rechts der Straße Wasser erkennen, in dem Eisschollen schwammen. Wenn dann noch ein Warnschild aus dem Nebel auftaucht, das vor S-Kurven und 12% Gefälle warnt, hört der Spaß dann langsam auf. Irgendwann waren dann auch noch die Mittelstreifen auf der Fahrbahn verschwunden. Echt übel, diese letzten Kilometer.
    Fotos folgen.
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    Skôgafoss

    Um es kurz zu machen. Isländisch ist eine wirklich drollige Sprache. Wie man sich aber den Namen zum Beispiel eines Vulkanes merken soll, weiß ich nicht. In den vergangenen beiden Tagen habem wir von Skôgar aus das Land erkundet. Riesige Lavafelder, Wasserfälle,  Klippen, merkwürdige geologische Formationen. Fotos gibt es erstmal keine , die Internetverbindung hier ist so schlecht,  dass ich nicht mal weiß,  wann ich diesen Post absetzen kann.
    Gleich neben unserem Guesthouse  befindet sich der malerische Skôgafoss-Wasserfall, den man auch prima von der Straße aus sehen kann. Den Pauschaltouri wird freuen, außerdem kann man mit dem Auto bis fast unter en Wasserfall fahren. Wer sich damit begnügt,  hat einen zauberhaften Naturereignis gesehen, aber mächtig was verpasst. Neben den Sokafoss führt eine steile Treppe hinauf zu einer Aussichtsplattform, von der aus man den Wasserfall von oben sehen kann. Großartig,  auch von hier oben. Aber nur wer dem nahe an der Schlucht entlangführenden Pfad folgt, wird nach jedem Felsvorsprung, nach jeder Durchquerung eines Seitentals  mit immer spektakuläreren Aussichten auf den wilden Gebirgsfluss belohnt. Wir sind dem Fluss gut eine Stunde lang gefolgt, über Stock und Stein, immer nahe am Abgrund, ohne Sicherung. Funktionären des deutschen Alpenvereins bliebe der Enzian im Halse stecken, so wenig beschildert, so wenig gesichert ist dieser Pfad, der eigentlich der Anfang eines langen Wanderwegs ist. Über allem trohnt der berüchtigte Eyjafjallajökull, in dessen Schatten wir logieren. Flugreisende werden sich erinnern.

    Island. Erste Eindrücke

    Der Flug verlief ebenso entspannt wie die Anreise zum Flughafen. Ich hatte so viel Beinfreiheit wie noch nie. Wie angenehm das Fliegen sein kann, wenn man nicht wie eine Sardine in der Büchse eingeklemmt ist. Zu essen gibt es bei Iceland Air nur gegen Bezahlung, dafür ist das Unterhaltungsprogramm exzellent, wenn man den richtigen Film auswählt… der zweite Teil des Hobbit war eine schlechte Wahl. Immerhin war er lang.
    Viel spannennder war die erste Begegnung mit der isländischen Mentalität. Der Isländer steht in dem Ruf wortkarg zu sein. Außer einem Schild mit der Aufschrift des B&Bs war dem Herr, der uns vom Flughafen in die Innenstadt von Keflavik fuhr, nichts zu entlocken. Auf die Frage, ob wir im Stadtzentrum von Reykjavik aussteigen könnten,  wiederholte der Busfahrer gestern Vormittag lediglich das Wort „City-Center“. Ob das Zustimmung, Ablehnung, reine Zurkenntnisnahme oder Ignoranz war, blieb im Dunkeln. Wir fanden die richtige Haltestelle auch so. Fast im selben Moment sprang der Fahrer dann doch aus dem Sitz und verkündete mit bedeutender Mine: City-Center. Wenn der Isländer schweigt, so könnte man diese Erfahrung zusammenfassen, dann ist alles in Ordnung.
    Reykjavik ist eine sehr gemütliche Stadt. Von Hektik ist hier nichts zu spüren. Ungewöhnlich für eine Hauptstadt, in der sich auch noch eine Menge Touristen aufhalten. Verkehrschaos? Nein! Wenn’s auf der Straße mal eng wird, dann unten am Hafen vor der legendären Hotdogbude, deren Name ich vergessen habe, wo aber schon Bill Clinton einen Hotodog verspeiste. Dort kann es dann vorkommen, dass irgendwer rechts ranfährt, um sich einen Hotdog zu holen. Den Motor des Wagens lässt man dabei gerne laufen. Stehen drei  vier Wagen am Straßenrand, wird’s ein bissl eng und dann betätigt der sonst so besonnene Isländer doch mal die Hupe. Für deutsche Verkehrsteilnehmer im Ganzen aber traumhafte Bedingungen.
    So teuer, wie man oft hört, ist es hier gar nicht. Kauft man im Discounter ein, kommt ungefähr so teuer bei uns ein Einkauf bei Rewe oder Edeka. Vielleicht noch  ne Spur teurer. Richtig sportlich aber wird es, wenn man  essen geht oder ausgehen möchte.  Was das Ausgehen angeht, kommt man noch halbwegs moderat durch, wenn man von Happy-hour zu Happy-hour springt. Dankenswerterweise druckt eine lokale Zeitung eine Übersicht aller Bars mit Happy-hour ab. Wenn man es geschickt anstellt, kann man von 15 Uhr ab bis halb fünf in der Frühe immer irgendwo eine Happyhour erwischen. Im Schnitt ist man dann bei so 4 € pro Pint statt 7 €.
    Ach ja, eins noch. Hier wird es im Moment nie richtig dunkel. Das ist ganz schön verwirrend, man um halb zwölf in der Nacht aus dem Fenster blickt und es ist so hell wie bei und um halb neun.

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