buddha

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Hanif Kureishi hat mit dem „Buddah der Vorstadt“ einen durchaus gelungenen Initiationsroman geschrieben, der vor allem durch Kureishis grandiosen Humor und durch die Schilderung einer Jugend besticht, die sich vor dem Hintergrund der musikalischen und politischen Entwicklungen im London der 70er Jahre abspielt.
Protagonist ist Karim, der Sohn des Pakistani Haroon und einer englischen Mutter, der sich gelangweilt vom Leben in den südlichen Vororten Londons auf die Suche nach dem ultimativen Kick, nach einem Lebensweg und einer Identität macht und dabei immer wieder knallhart auf die heuchlerische Realität der Erwachsenenwelt stößt. Als Haroon, Karims Vater, in einem esoterischen Anfall zum „Buddah der Vorstadt“ mutiert, Meditations-Kurse und Selbstfindungsabende für die überreizte und hyper-neurotische Londoner Oberschicht anbietet, und auf diesem Weg die Familie für die hippy-eske Eva verlässt, zerbricht Karims Welt zunächst unbemerkt. Im Laufe des Romans zieht Karim mit seiner neuen Familie (Haroon, Eva und Stiefbruder Charlie) nach London, erlebt dort den Aufstieg zu einem erfolgreichen Schauspieler, wird Zeuge der rassistischen Ausschreitungen der „National Front“, erhält Zugang in die Welt der freien Liebe und erlebt im Rausch der Drogen und der Hippie- und New Art-Musik die Geburt des New Wave und des Punk. Die Figur des Stiefbruders Charlie „Hero“ macht Karriere als Musiker und zeichnet die Lebensgeschichte David Bowies nach.
Der Roman lebt stark vom Spannungsverhältnis der Kulturen, der asiatischen und der englischen, die beide gnadenlos ironisiert werden und die Vorurteile auf beiden Seiten bedient. Die englische Welt der 70er verkommt zu einer oberflächlichen Welt, in der Sex, Drogen und rassische und sexualisierte Gewalt den Alltag bestimmen. Die asiatische Welt tritt in Gestalt von Karims Vater, des schwafelnden Buddahs, und Karims Onkel, der seine Tochter mit einem Hungerstreik zur traditionellen Heirat mit dem nichtsnutzigen, Conan-Doyle lesenden Krüppel Changez zwingt, in Erscheinung. Karim, der nicht zur Selbstreflektion fähig ist, lässt sich von den Erscheinungen und Ereignissen um sich herum durch die Straßen von London und später New York treiben. Seine persönliche und kulturelle Entwurzelung, sein Schweben zwischen den Welten und Kulturen, schlägt sich in seiner kompletten Orientierungslosigkeit und Oberflächlichkeit nieder, die den Protagonisten in die unmöglichsten und komischsten Situationen hineinversetzt und an denen, wie man erst später bemerkt psychischen Schaden nimmt. Ein und durch und durch komischer Roman, dessen Komik an einigen Stellen, unbemerkt vom Protagonisten ins bodenlos Tragische einbricht und den Leser abrupt ausnüchtern lässt und ihm das Schmunzeln von den Lippen saugt. Es gibt zahlreiche Erwähnungen von Bands und Platten der 70er, die, wenn man die Titel im Ohr hat, zu einer Musikkulisse werden, die für mich den Charme ebenfalls stark ausmachen. – Für Unterrichtszwecke ungeeignet, da zu obszön. Für eine amüsante, nicht-zu-anspruchsvolle Lektüre absolut empfehlenswert.


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