Anfang August – Algonquin Park

Nach 4 Tagen lassen wir das Großstadtgetümmel Torontos hinter uns, um in den ältesten Naturpark Kanadas – den Algonquin National Park – aufzubrechen. Natürlich nicht ohne uns bis unters Dach unseres SUVs mit Vorräten eingedeckt zu haben. Das allerdings gestaltete sich schwieriger als zunächst amgenommen: Dass der Einkauf von Alkohol hier mit mehr Auflagen verbunden ist als die Beschaffung einer halbautomatischen Waffe in den USA hatten wir schon gelernt, dass man allerdings im Walmart kein Obst und Gemüse kaufen kann (hierfür gibt es eine  extra Supermarkt! ) war uns neu. Vielleicht wäre auch das mal ein Ansatzpunkt das wachsende Problem der übergewichtigen nordamerikanischen Bevölkerung.  Je näher wir dem Park kommen, desto spärlicher wird der Verkehr und als wir die letzten drei Kilometer auf einer einspurigen Schotterpiste zurücklegen, wird allen unmissverständlich klar: wir sind in der Wildnis! ( Dass wir allerdings selbst hier nicht alle Zivilisationskrankheiten hinter uns gelassen haben, beweist Verenas prächtige Erkältung – die Klimaanlagen Torontos lassen grüßen …)
In unserem Cottage direkt am Purdy Lake heißt uns eine fast unheimliche Stille willkommen und beinahe fühlt sich der reizüberflutete Städter überfordert mit so viel Natur, wären da nicht ein See, den es mittels Ruderboot und Kanu zu erobern sowie eine Lagerfeuerstätte, die es zu entzünden gilt. Und so erholen wir uns mit Büchern, Kartenspielen, wandern und angeln vom „Stress“ der letzten Tage. Denn wenn man erkennt, dass das große Problem, das man hat, die Frage ist, welchen Röstegrad der perfekt gegrillte Marshmellow hat, darf man mit Fug und Recht behaupten: wir sind entspannt!

31.7. 2013 – Weinprobe bei Dan Aykroyd

Mit erheblicher Verspätung ein weiterer Post über unseren Ausflug zu den Niagara Falls.
Auf dem Heimweg von den Niagara Falls zurück nach Toronto durch eine malerische Landschaft mit schön gelegenen Häuschen, einem Paradies für Rentner, führte uns der Fahrer noch zu einer Winzerei, wenn man diesen Industriebetrieb denn so nennen möchte, in der einige der umliegenden Weingüter ihre Weine produzieren lassen, darunter auch das Weingut von Dan Aykroyd (der aus Ottawa stammt, wer hätte das gedacht, schon wieder was gelernt). Ich habe noch nie von kanadischem Wein gehört, aber ich wusste ja auch nicht, dass Dan Aykroyd Kanadier ist. Auf der Wiese hinter dem kleinen Shop der Winzerei waren unter einem Pavillon aus dem Baumarkt ein Biertisch aufgebaut.  Dort führte uns eine junge, freundliche Angestellte in die Geheimnisse des kanadischen Weins ein, mit der Frage beginnend, wer unter den Anwesenden denn gerne Chicken Wings esse. Dem zustimmenden Raunen der Besucher kam sie entgegen, indem sie sagte, dass der nun zu verköstigende Wein namens „Hatrick“, ein Cuvée aus Riesling, Chardonnay und Gewürztraminer, perfekt zu den frittierten Hühnerteilen und auch zu Spare ribs passe. Dem kann ich nicht widersprechen.  Dieser Wein war so schwachbrüstig, charakterlos und nichtssagend, dass er zu jedem Essen passen dürfte.  Ob die  nette Dame vergaß uns darauf hinzuweisen, unser Glas vor dem nächsten Wein auszuspülen oder ob das eine besondere Tradition im kanadischen Weinbau ist, jeden Wein in das Glas mit den Rückständen des vorherigen Weins zu schütten, hat sich mir nicht ersculossen. Ein französisches Pärchen, ein italienisches und wir spülten unsre Gläser dann doch aus. Europa 1 Nordamerika 0. Als nächstes präsentierte die Dame voller Stolz eines der Spitzenprodukte des hiesigen Weinbaus, einen  Eiswein, der so brutal süß war, dass ich noch immer Angst habe, Karies zu bekommen. Wie ein Schlag ins Gesicht, dieser Tropfen. Umständliche Erklärungen über Herstellung und Genuß dieses Weines folgten. Ich zitiere hier nur ein paar der Aussagen: passt zu Wodka; trinken Sie nicht zuviel davon, der Kater am nächsten Morgen ist brutal; seien Sie vorsichtig, wenn Sie zuviel davon trinken, müssen Sie kotzen.
Wer noch Lust hatte, durfte zum Schluss noch einen roten Eiswein verköstigen, eine besondere Spezialität der Gegend. 95% der weltweiten Eisweinproduktion, vielleicht auch nur der des roten, kämen aus Kanada. Toll! Masse schlägt Qualität 1 zu 0. Vielmehr ist nach gutem kapitalistischen Grundsatz Masse gleich Qualität, da ja schließlich nur produziert wird, weil jemand kauft. Der rote Eiswein war der beste der drei Weine, aber das heißt nichts. Für einen knappen halben Liter muss man 40 $ hinlegen, umgerechnet 28 € ohne Steuern. Man pries uns auch den in kleine, stabile Flaschen abgefüllten Weins besonders an, weil dieser im Gegensatz zu dem in der herkömmlichen 0, 7l Flasche gerade wegen der Stabilität des Behaltnisses sowie der Einfuhrbestimmungen für Touristen cleveren Flaschegröße und höheren Alkoholgehalts das deutlich bessere Produkt sei. Ich habe keinen gekauft. Die gesamte Weinprobe inklusive Zeit fürs Stöbern im Sortiment der Winzerei dauerte nur knapp eine halbe Stunde. Als ich wieder in den Bus stieg, war mir schwindelig und ei leichtes Gefühl der Übelkeit stellte sicb ein. Nicht der Wein war daran schuld, sondern die Liederlichkeit, die Schamlosigkeit, die Respektlosigkeit, kurz die unfassbar geringe Wertschätzung gegenüber dem eigenen Produkt.
Mag sein, dass man so in Sachen Wein gänzlich unkundigen Nordamerikanern das eigene Produkt andrehen kann und diese sich schön kultiviert vorkommen, wenn sie zu den Chicken Wings aus dem Eimer demnächst einen Eiswein mit Wodka, am besten noch aus dem Strohhalm, schlürfen. Für mich, und ich schließe damit die oben erwähnten Franzosen und Italiener, die mir völlig unbekannt geblieben sind, mit ein, war das eine richtig schäbige Nummer.

Toronto

Eine sehr entspannte  Stadt mit fast 3 Mio Einwohnern. Klar,  man merkt schnell, dass man in Nordamerika ist. Die Straßen, die Autos, die Softdrinks, alles eine oder zwei Nummern größer als bei uns. Wir wohnen hier in Chinatown in der Nähe des großartigen Kensington Markets, der ein wenig abseits der großen Spadina Avenue in liegt und einen an die Londoner Puertbello Road erinnert, nur ist Kensington Market  eine ganze Ecke alternativer und Gott sei dank lang nicht so überfüllt mit Touris. Im Ganzen wirkt Toronto fast ein wenig  europäisch.
Aber man ist eben doch  am Lake Ontario und nicht an Themse Spree oder Rhein. Hier geht man zum Eishockey, zum Baseball ( die Toronto Blue Jays sind wohl die Favoriten in der Stadt) oder wie wir zum Football, zu den Toronto Argonauts spielen. Wo die ihren mythologischen Namen herbaben, konnte ich noch nicht herausfinden, aber das Maskottchen heißt entsprechend Jason (sprich Tschäiisnnn) und rennt einer Schaumstoffrüstung im Mangastil herum. Und Jason ist echt auf Trab unterhält die Fans, da können sich Willy Wildschwein und der lahme Eisbär der BG mal ne dicke Scheibe abschneiden. Die Stimung im Stadion ist viel entspannter und ruhiger als in einem  Fußballstadion, kaum Polizei ist unterwegs. Alles gut durchdacht und  organisiert.  Zig Kassen und Eingänge, jede Menge Bier- und Hotdogbuden. Allerdings darf man nur zwei Bier auf einmal kaufen, was sehr anstrengend werden kann, vor allem wenn man sich klar macht, dass ein Spiel 2, 5+ Stunden dauern kann. Ein großes Bier kostet knapp 11 $, das sind grob gesprochen acht Euro. Und groß heißt ein Pint! Dafür kann koschere Hotdogs kaufen.

%d Bloggern gefällt das: