Zu Umberto Ecos „Geschichte der legendären Länder und Städte“

Noch ein schönes Buch von Eco im selben Stile wie „Die Geschichte der Schönheit“ und der „Geschichte des Hässlichen“ o.ä.
D.h. mit vielen schönen Abbildungen aus 2500 Jahren Kunst und Buchkultur. Er geht hier chronologisch vor, über die Länder der Bibel, die legendären Länder der Griechen, Mittelalter etc. Dabei scheint er sich aber manchmal in Nebensächlichkeiten zu verstricken oder, positiv formuliert, abzuschweifen, wenn er zum Beispiel über die im Orient beliebten Automaten spricht, wo er doch über die legendären Länder sprechen möchte und gerade den mittelalterlichen Reisenden wie Marco Polo in den Orient folgt, wo er den Spuren des Priesterkönigs Johannes und seinem legendären Reich folgt.
das Buch bringt nichts Neues, höchsten vllt, ungewohnt nebeneinander Gestelltes. Jedes Kapitel schließt mit zum Teil ausführlichen Zitat aus den zuvor erwähnten Abschnitten. Das ist nicht immer notwendig in meinen Augen, hat aber den Vorteil, dass man auch mal den Orginalton hören kann. Für einen Mann vom Schlage eines Eco dürfte es keine Schwierigkeit sein, solch ein Buch zu schreiben, ist er doch ein ausgewiesener Kenner der abendländischen Kultur, vor allem des Mittelalters. Schön ist, dass dieses Buch auch immer wieder Abseitiges und Skuriles bringt, das doch immer in Form von Bücher auf uns gekommen ist. Die Liebe zum Buch als Träger von Wissen und Tradition und der Respekt auch vor wirklich Schrägem, wie den Pyramidologen, ehrt den Autor wie das vorliegende Buch. Wofür er weniger Respekt hat, ist die Verschwörungstheorie rund um den heiligen Gral und den ganzen Templer-DanBrown-RennelaChateux-Quark, der nachweislich völlig frei erfunden. Im Zusammenhang mit dem Thema des Buches mag die Auseinandersetzung damit etwas zu ausladend sein – dennoch bietet sie gerade demjenigen Aufklärung, der bislang geneigt war, zumindest Dan Brown Glauben schenken zu können.
Dieses Buch ist eine populärwissenschaftliche Kompilation von bekannten Traditionslinien, Geschichten, Geschicht und Mythen, über die Eco mühelos verfügt. Man kann es auch als zielgruppenorientiertes Buchprodukt bezeichnen, das mit dem Namen des Autors einen Popularitätsschub bekommt, aber man kann es auch schlicht als schönes, unterhaltsames Buch ansehen, das dem einen oder anderen Leser sicherlich einen tieferen Einblick in vergangene Kulturen geben kann.

David Abulafia – Das Mittelmeer. Eine Biographie

Ein seltsam anmutender Titel. Wie kann man eine Biographie eines Meeres schreiben, wird man sich fragen. Und in der Tat, es ist keine Biographie eines Meeres, sondern eher eine Biographie seiner Anwohner. Abulafia beschreibt einen großen historischen Bogen: von den Spuren der ersten Siedlungen am Mittelmeer bis hinzu den von Touristen überquellenden Stränden Spaniens und anderer touristischer Gebiete. Den Fokus legt Abulafia auf Zeit des Mittelalters. Diese Abschnitte sind in meinen Augen auch die besten des Buches, was nicht weiter verwundert, ist Abulafia doch Spezialist für die Geschichte des Mittelmeers im Mittelalter. Hinten raus bleibt von der Dichte der Erzählung in den Passagen über das Mittelalter nur noch wenig übrig. Schmerzhaft kurz sind die Passagen über das 20. bzw. 21. Jahrhundert. Allerdings muss ein solches Werk raffend, auswählend sein, sonst verliert sich solch ein umgreifendes Werk im Uferlosen. Zwar kommt einem in diesem Buch vieles bekannt vor, denn bestimmte Abschnitte aus der griechisch-römischen Antike gehören zu den ausgetretenen Pfaden der Geschichte. Dennoch gelingt es Abulafia, eine wundervolle Geschichte des Mittelmeers zu erzählen, für die man sich gerne Zeit nimmt. Die deutsche Übersetzung trägt ihren Teil dazu bei, den Leser für diese großartige Geschichte einzunehmen. Aus unserer an Geschichten armen Zeit ragt dieses schöne Werk positiv heraus. Schön ist ebenfalls die Grundthese des Buches, dass es nämlich die Diversität verschiedener Völker, Kulturen und Religionen ist, die das Mittelmeer positiv geprägt haben und eben nicht die vielen oft gescheiterten Versuche, Einheitlichkeit sei in ethnischer oder religiöser Hinsicht zu schaffen. Gerade in den großen Handelsstädten, die im Laufe der Jahrtausende rund um das Mittelmeer geblüht haben, ist es die Diversität, die dieses Aufblühen erst ermöglichte. Welch ein schöner Gedanke auch für unsere globalisierte Welt. Unsere Unterschiedlichkeit ist unsere Stärke, wenn wir in der Lage und willens sind, sie bei unserem Gegenüber zu aktzeptieren.

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