Über das ZEIT Magazin (mal wieder)

Auch diese Woche ärgere ich mich über das ZEIT Magazin.  Wohin man blickt sieht man schlechte Fotos in hippe Retrooptik. Die Möbel im Hintergrund sehen aus wie vom Sperrmüll, der Fokus verrutscht, dass Licht zu hell, Motive nur halb im Bild.  Wäre ich Fotograf, ich würde kotzen. Schlechte Fotos gut machen, hieße wohl die  Ausrede. Aber das ist doch Quatsch.  Etwas schlecht machen kann jeder. Da hilft auch kein Filter, der das Foto aussehen lässt wie aus den 70ern. Mein Vater war kein Fotograf und so sahen seine Bilder aus der Zeit eben auch aus: schlecht.  Retro reduziert die Vergangenheit auf Nostalgie plus Kitsch.Dass sich das ZEIT Magazin für sowas hergibt, auf der flachen Welle des Zeitgeistes zu reiten, ist doch nur erklärbar als Maßnahme im Abwehrkampf gegen das Sterben der Printmedien. Wenn alles bloß noch Design, Mode oder Reise ist, dann fehlen doch nur noch Promis und Titten (aber das hatten wir ja letztes Jahr schon mit der peinlichen Fotoserie dieser schwedischen „Künstlerin“, deren Hauptsujet ihre Titten und ihr halbnackter Freund war). Dann kann man auch die Bunte zur ZEIT dazu legen.  So hätten vielleicht beide Druckerzeugnisse was davon. Ich könnte dann die Bunte einfach wegwerfen und müsste nicht erst 5 Seiten Werbung überblättern, um die Kolumne von Martenstein zu finden, die im Übrigen diese Woche auch schwach ist.

Wo Geschichten spielen

Letzte Woche habe ich Beilage in ZEIT zur Frankfurter Buchmesse durch geblättert und ein paar Rezensionen überflogen. Mir fielen die Bände von Zoe Jenny und Ann Cotton auf. Beide Bände versammeln Erzählungen.  Auffallend war, an wie vielen unterschiedlichen Orten die einzelnen Geschichten offensichtlich spielen. Marokko, Kreuzberg, eine Straße in New York und was weiß ich wo noch. Offenbar ist ein deutlich zu identifizierender Schauplatz der Handlung stets vorhanden. Es wirkte auf mich so, als seien diese Schauplätze notwendig für die jeweilige Geschichte. Ich kenne keine einzige dieses Geschichten, die natürlich Erzählung genannt werden, aber ich bin mir sicher, dass der Ort der Handlung für keine gute Geschichte notwendig ist. Man erinnere sich an die Kurzgeschichten Wolfgang Borcherts ( ich erspare mir eine Liste mit weiteren Beispielen). Diese brauchten auch keine  präzise Ortsangabe,  um ihre eigene Faszination zu entwickeln. Eine  Bank in einem Park, ein zerbombtes Haus irgendwo in Deutschland, ein Bahnhof mitten in der Nacht. Das reicht als Ortsangabe völlig.  Neuere und  neueste „Erzählungen“ aber brauchen wohl eine präzise Ortsangabe. Vermutlich um Aufmerksamkeit zu erregen und um persönliches wie soziales Interesse und Prestige auf Seiten der Leserschaft zu erregen. Eine Geschichte, die nicht an Orten spielt, die interessant, cool, hipp oder exotisch sind, scheinen nicht von Interesse. Was am Times Square spielt, muss wichtig sein, was in Kreuzberg spielt hipp. So wird die Ortsangabe zum Tand, zum Accessoire, das der auf Äußerlichkeiten bedachte „Leser“ zur Schau stellt, um seine ganz persönliche Individualität auszudrücken. Umgekehrt kann ein solcher Leser an den Schauplätzen ermessen , ob der Inhalt literarische Qualität verspricht, denn was weit weg ist, oder an bekannten Orten spielt muss wohl auch bedeutend sein. Die exzessive Verortung von Geschichten für mich eher ein Zeichen von Einfallslosigkeit als ein Qualitätsmerkmal.

Wörterbücher

Selten, ganz selten poste ich mal einen Link hier. Aus Abneigung vor allem vor Blogs, die aus kaum etwas anderem bestehen als Links und so die sinnlose, zeit- und resourcenfressende Redundanz des Internets noch weiter steigern. Also hier ist er: http://woerterbuchnetz.de/

31.7. 2013 – Weinprobe bei Dan Aykroyd

Mit erheblicher Verspätung ein weiterer Post über unseren Ausflug zu den Niagara Falls.
Auf dem Heimweg von den Niagara Falls zurück nach Toronto durch eine malerische Landschaft mit schön gelegenen Häuschen, einem Paradies für Rentner, führte uns der Fahrer noch zu einer Winzerei, wenn man diesen Industriebetrieb denn so nennen möchte, in der einige der umliegenden Weingüter ihre Weine produzieren lassen, darunter auch das Weingut von Dan Aykroyd (der aus Ottawa stammt, wer hätte das gedacht, schon wieder was gelernt). Ich habe noch nie von kanadischem Wein gehört, aber ich wusste ja auch nicht, dass Dan Aykroyd Kanadier ist. Auf der Wiese hinter dem kleinen Shop der Winzerei waren unter einem Pavillon aus dem Baumarkt ein Biertisch aufgebaut.  Dort führte uns eine junge, freundliche Angestellte in die Geheimnisse des kanadischen Weins ein, mit der Frage beginnend, wer unter den Anwesenden denn gerne Chicken Wings esse. Dem zustimmenden Raunen der Besucher kam sie entgegen, indem sie sagte, dass der nun zu verköstigende Wein namens „Hatrick“, ein Cuvée aus Riesling, Chardonnay und Gewürztraminer, perfekt zu den frittierten Hühnerteilen und auch zu Spare ribs passe. Dem kann ich nicht widersprechen.  Dieser Wein war so schwachbrüstig, charakterlos und nichtssagend, dass er zu jedem Essen passen dürfte.  Ob die  nette Dame vergaß uns darauf hinzuweisen, unser Glas vor dem nächsten Wein auszuspülen oder ob das eine besondere Tradition im kanadischen Weinbau ist, jeden Wein in das Glas mit den Rückständen des vorherigen Weins zu schütten, hat sich mir nicht ersculossen. Ein französisches Pärchen, ein italienisches und wir spülten unsre Gläser dann doch aus. Europa 1 Nordamerika 0. Als nächstes präsentierte die Dame voller Stolz eines der Spitzenprodukte des hiesigen Weinbaus, einen  Eiswein, der so brutal süß war, dass ich noch immer Angst habe, Karies zu bekommen. Wie ein Schlag ins Gesicht, dieser Tropfen. Umständliche Erklärungen über Herstellung und Genuß dieses Weines folgten. Ich zitiere hier nur ein paar der Aussagen: passt zu Wodka; trinken Sie nicht zuviel davon, der Kater am nächsten Morgen ist brutal; seien Sie vorsichtig, wenn Sie zuviel davon trinken, müssen Sie kotzen.
Wer noch Lust hatte, durfte zum Schluss noch einen roten Eiswein verköstigen, eine besondere Spezialität der Gegend. 95% der weltweiten Eisweinproduktion, vielleicht auch nur der des roten, kämen aus Kanada. Toll! Masse schlägt Qualität 1 zu 0. Vielmehr ist nach gutem kapitalistischen Grundsatz Masse gleich Qualität, da ja schließlich nur produziert wird, weil jemand kauft. Der rote Eiswein war der beste der drei Weine, aber das heißt nichts. Für einen knappen halben Liter muss man 40 $ hinlegen, umgerechnet 28 € ohne Steuern. Man pries uns auch den in kleine, stabile Flaschen abgefüllten Weins besonders an, weil dieser im Gegensatz zu dem in der herkömmlichen 0, 7l Flasche gerade wegen der Stabilität des Behaltnisses sowie der Einfuhrbestimmungen für Touristen cleveren Flaschegröße und höheren Alkoholgehalts das deutlich bessere Produkt sei. Ich habe keinen gekauft. Die gesamte Weinprobe inklusive Zeit fürs Stöbern im Sortiment der Winzerei dauerte nur knapp eine halbe Stunde. Als ich wieder in den Bus stieg, war mir schwindelig und ei leichtes Gefühl der Übelkeit stellte sicb ein. Nicht der Wein war daran schuld, sondern die Liederlichkeit, die Schamlosigkeit, die Respektlosigkeit, kurz die unfassbar geringe Wertschätzung gegenüber dem eigenen Produkt.
Mag sein, dass man so in Sachen Wein gänzlich unkundigen Nordamerikanern das eigene Produkt andrehen kann und diese sich schön kultiviert vorkommen, wenn sie zu den Chicken Wings aus dem Eimer demnächst einen Eiswein mit Wodka, am besten noch aus dem Strohhalm, schlürfen. Für mich, und ich schließe damit die oben erwähnten Franzosen und Italiener, die mir völlig unbekannt geblieben sind, mit ein, war das eine richtig schäbige Nummer.

Danke

Heute im Laufe des Tage haben wir die Zahl von 100.000 Besuchern auf diesem Blog erreicht. Danke sehr.

Leopoldina

Im Kulturzentrum Tempel im Karlsruher Westen traf ich am Samstag Nachmittag auf Leopoldina, eine entzückende Mopsdame. Auch sie war zum Kulturmarkt „Support the underground“ im Karlsruher Kulterzentrum Tempel gekommen. Die Karlsruher Hippster spielten Spitalfield Market, man hatte seinen Spaß. Manch ein Kreativer konnte sogar was verkaufen. Schöne Stücke gab es dort.

Patriotismus der Genussmittel

Vor einem halben Jahr habe ich mit dem Rauchen aufgehört. Das war eigentlich lange überfällig, hat es mir doch schon eine Weile keinen Spaß mehr gemacht. Und ich habe eigentlich immer aus Spaß geraucht. Zumal ich dabei noch Gutes getan habe, denn ein Teil der Tabaksteuer wurde ja schließlich für den Kampf gegen den Terror verwendet. Ist doch klasse, wenn man Spaß an etwas hat und gleichzeitig noch etwas für sein Land tut.

Weg mit dem Gong!

In vielen Schulen wird der Gong abgeschafft, ganz oder zu Anfang auf auch nur phasenweise. Das ist ein Schritt in Richtung Freiheit, nicht nur pädagogischer. Dennoch sind viele Lehrkräfte gegen die neue Stille im Schulhaus, zumindest aber sind sie irritiert. Denn allzu viele spüren unbewusst, dass ihre kümmerliche Autorität vom kasernenhaften Gong abhängt, hinter dessen lärmenden Dreiklang Unsicherheit gut zu verstecken ist. Da werden einige schwer mit sich zu kämpfen haben. Nach zermürbender Selbstdiagnose und Evaluation mit dem Ehemann, der Ehefrau oder den anderen verunsicherten Kollegen beim sonst so leckeren Rotwein werden sie den Verlust es liebgewonnenen Gehorsamerzwinger bedauern. Es wird aber endlich Zeit, dass dieses Relikt eines preußischen 19. Jahrhundert endlich aus unseren Schulen verschwindet. Das kasenernenhaft Militärische ist doch nicht zu leugnen. Der Gong erzwingt Gehorsam. Jeder von uns hat ihn so verinnerlicht, dass wir das Autoritäre, ja Militaristische überhaupt nicht mehr wahrnehmen. Pawlow läutet zum Essen, der Oberst bläst zum Angriff, wir folgen oder erwarten, dass gefolgt wird, wenn wir auf der anderen Seite des Gongs stehen. Endlich scheint es damit vorbei zu sein.

80 Jahre Machtergreifung – zum 30.1.1933

Der Begriff allein ist schon falsch. Hitler hat die Macht nicht ergriffen, sie wurde ihm von Männern übertragen, die glaubten, die Dynamik der nationalsozialistischen Bewegung für die eigenen politischen Ziele, die Schaffung eines autoritären Systems, instrumentalisieren zu können, und den Anführer dieser Bewegung durch die Einbindung in eine Regierung kontrollieren zu können. Wie sehr man sich täuschte und wie spät die Beteiligten das erkannt haben, in für mich unfassbar. Zur Erinnerung an alle die, die sich mutig widersetzt haben, gebe ich die Rede von Otto Wels (SPD) wieder, die er am 23.3.1933 im Reichtstag gehalten hat, als dessen Abgeordnete für das Ermächtigungsgesetz stimmte und damit sich praktisch selbst abschaffte. Soweit ich sehen, ist diese Rede die letzte freie Rede im Reichstag gewesen.

Nachtrag zum ausgefallenen Weltuntergang

Als Gott den Menschen schuf, hatte er einen tollen Plan. Ein Lebenwesen mit einem freien Geist sollte auf seiner Erde wandeln und seine Schöpfung bewundern dürfen. Es sollte diesem Geschöpf erlaubt sein, inmitten dieser Schöpfung zu leben. Wie uns nicht zuletzt die Räuberpistolen aus dem Alten Testament erzählen, scheint Gott sich ein verrechnet zu haben. Die Menschen hielten sich nicht an seinen Plan. Sie stritten sich, zerstörten Gottes schöne Schöpfung, setzten eigene Gesetze gegen die Gottes. Das geschah immer wieder. Wenn die Menschen es zu bunt trieben, sandte Gott ihnen Plagen: Heuschrecken, Krankheiten, Überflutungen, Dürreperioden usw. Aber nicht immer half das.

Apologie der Zeitverschwendung

Wenn man so ich vor rund vier Wochen zum Nichtstun verdammt ist, und man auf einmal wieder bemerkt, wie viel Zeit einem an einem Tag so zur Verfügung steht, dann sollte man diesen Zustand ein wenig zu genießen suchen. Enthoben dem täglichen Stress, wie aus dem Alltag gefallen. Man sieht, wie alles um einen herum seinem täglichen Plan folgt, die Passanten, die zum Bahnhof eilen, die Straßenbahnen, die mit täglicher Routine ihre Kreise durch die Stadt drehen, der Verkehr, der zuzeiten anschwillt und am Abend wieder abebbt. Man steht dann abseits und das wilde Treiben des Tages rauscht an einem vorbei. Nur so, in der dem Strudel enthobenen Betrachtung, kann einem der sich um sich selbst drehende Alltag überhaupt erst auffallen. Man wundert sich, ist vielleicht sogar am Anfang froh, diesem Stress zumindest für eine Weile enthoben zu sein, auch wenn einem bewusst bleibt, dass man sich in naher Zukunft wieder Kopf über in den Alltag wird stürzen müssen. Nach einer Weile entwickelt man nun seinen eigenen Alltag, seine eigene tägliche Routine, die den Tag den neuen Umständen gemäß einteilt. In diesem Zustand der temporären Enthobenheit vom Alltaf kann man etwas entdecken, das man sonst nur irgendwie durchbringen muss oder froh ist, wenn sie durchgebracht hat: die Zeit.

Hundert und ein Todesfall

Wer Nachrichten hört, wird zum Pessimist. Er verliert angesichts der durch Gier, Machtstreben, Egoismus, Eitelkeit ausgelösten Probleme und Katastrophen, die für die bedenkliche Lage der Welt verantwortlich sind, jede Zuversicht, dass der Mensch sich je selbst so weit disziplinieren könnte, dass die Probleme in der Welt nachhaltig abgebaut werden und alle Menschen ein besseres Leben werden führen können.

Mein Hund

Nein, nein, ich habe mir kein Haustier gekauft. Ich habe mit einen Hund angeschafft, virtuell, imaginär. Einen Mops, um genau zu sein. Das hat sehr praktische Vorteile. Ich spare die Steuer, muss nicht Gassi gehen, wenn es den Hund drängt, muss mir keine Gedanken machen, wem ich ihn geben kann, wenn ich in den Urlaub fahre. Und ich habe ihn immer um mich, wenn ich, egal wo. Letztens zum Beispiel saß er neben mir auf dem kleinen Ledersofa im gemütlichen Aufenthaltsraum im Bazpackers Hostel im schottischen Inverness. Hunde sind hier nicht erlaubt. Mir ist das egal. Und Yolanda auch. So heißt mein Mops. Würdevoll schaut sie umher aus ihren großen Augen. Ein wenig schläfrig mag ihr Blick sein, so wie der wohlwollende, leicht gelangweilte Blick eines wohlmeinenden aufgeklärt absolutistisch regierenden Markgrafen. Verena macht gerade ein Foto von uns. Ihr ist nicht bewusst, dass Yolanda mit auf dem Bild sein wird. Das ist der Vorteil des Spleens, man packt ihn aus, wann immer man möchte. Im Imaginären ist auch der Bettler König. Ich könnte mir imaginär natürlich auch eine Villa am Meer, einen Ferrari und eine Yacht zulegen, aber was soll ich damit? Das würde mich nur stressen. Dann bräuchte ich auch eine imaginäre Garage für meinen Ferrari, eine imaginäre Crew für meine Yacht und einen imaginären Immobilienverwalter. Und wer bitte schön will sich einen Immobilienverwalter imaginieren? Das ist doch krank, echt.
Man sollte schon aufpassen. Der Grad zwischen Spleen und Wahnsinn ist nicht breit wie man vielleicht denken mag. Mit Yolanda bin ich aber sicherlich noch deutlich auf der richtigen Seite. Wer anders denkt, tickt nicht richtig.

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