Nach ein paar Tagen im quirligen Havanna wollten wir mit dem Mietwagen ein paar Ecken der Insel erkunden. Wir wählten dabei folgende Route: über die Autopista 4 Richtung Westen nach Vinales. Von dort nach Playa Larga und schließlich noch ein Stück in den Osten nach Trinidad. Den fernen Osten der Insel mit Santiago de Cuba ebenso wie den fernen Westen der Insel haben wir aus zeitlichen Gründen nicht besucht. Zwar hätte man die Tour auch mit dem Bus machen können, es gibt zwei Busunternehmen, die sehr viele Strecken abdecken, aber wie auch andere Reisen gezeigt haben, ist man mit den Mietwagen einfach flexibler. Bei dem Mietwagen handelte es sich um einen Wagen des chinesischen Herstellers Geely, von dem man auf Kuba viele sieht. Ein paar Grundsätze sollte man im Hinterkopf behalten, wenn man am kubanischen Verkehr teilnimmt:

  1. Jeder fährt, wo er will. solange Platz ist.
  2. Es ist kein Problem einfach auf der Straße anzuhalten und mit einem vorüber gehenden Bekannten ein Schwätzchen zu halten. Den hupenden Verkehr hinter dir kannst du einfach ignorieren.
  3. Die Hupe ist das wichtigste Untensil. Man grüßt damit, zeigt einen Überholvorgang an (links oder rechts) oder dass man eine unübersichtliche Kurve schneiden möchte.
  4. Aus dem Wagen hängende Arme sind nicht nur ein Zeichen von Coolness, sondern sind vor allem in den alten Amischlitten als Ersatz für defekte Blinker sinnvoll.
  5. Vor Zebrastreifen unbedingt anhalten und schauen, ob jemand kommt. Jeder Kubaner hält sich daran, egal ob er mit dem Auto, mit dem Rad oder mit dem Pferd unterwegs ist. Offenbar scheinen hier saftige Bußgelder fällig zu werden, sodass man gut beraten ist, sich daran zu halten.
  6. Angehalten wird auch vor Bahnschienen, auch wenn die aussehen, als ob da schon lange kein Zug mehr durch kam. Da Bahnübergänge, wie man sie aus Europa kann, selten sind, eine sinnvolle Vorsichtsmaßnahme.

Die Tatsache, dass nur 3,8% der Kubaner ein Auto besitzen, gepaart mit den vor allem in und um die großen Städte herum großzügig angelegten Straßen, macht das Autofahren für den staugeplagten Mitteleuropäer erst einmal ziemlich entspannend. Auch die Autobahnen sind im Verhältnis zu den wenigen Autos sehr großzügig dimensioniert. Allerdings benutzt hier auch jeder die Autobahn, ob er ein Auto hat oder nicht. Pferdefuhrwerke, Radfahrer, Fußgänger, Tramper, die beim Nahen eines Autos auf die Autobahn gelaufen kommen. Gelegentlich kreuzt Vieh die Autobahn oder grast mehr am Rand der Straße. Dennoch ist genug Platz. Den braucht man auch, denn man muss doch recht oft den bisweilen riesigen Schlaglöchern ausweichen und die Spur wechseln oder Schlangenlinien fahren. Man kann sich gut an einem voran fahrenden Fahrzeug orientieren und versuchen, dieselbe Linie wie der Vordermann zu treffen. Mehr als 100 darf man ohnehin nicht fahren, oft ist man sogar langsamer unterwegs. Viele Brücken überqueren die Autobahn, nicht über alle davon führt auch ein Straße. Offenbar wurde hier der Bau irgendwann eingestellt. Diese Brücken bieten den wartenden Menschen Schatten, deshalb ist immer viel los unter diese Brücken. Dort ist manchmal soviel los, dass da nicht nur Tramper und Händler auf vorbeifahrende Autos warten können. Vielleicht sind es auch schattigen Treffpunkte, wo man ein paar Leute trifft und ein Schwätzchen halten kann oder die Bushaltestelle wurde von den Passanten kurzerhand aus der Sonne in den Schatten verlegt. Die Tramper sind zahlreich, laufen auf die Straße und wedeln mit Geld. Da Überlandbusse für die Einheimischen nur selten verkehren, sind viele Kubaner darauf angewiesen, eine Mitfahrgelegenheit zu finden. Tankstellen sind selten aber ausreichend vorhanden. Wir waren auf dem Weg nach Vinales einmal an der Autobahn tanken. Als ich ausstieg, stand auf einmal ein Kubaner vor mir, der mir ein paar Messer unter die Nase hielt. Kein Gangster, nur ein Händler, der mir seine Ware anbot. Oft hört man, dass die Beschilderung auf Kuba schlecht sei. Für Städte und die Landstraßen kann man das gelten lassen, an den Autobahnen finden sich in meinen Augen ausreichend Schilder, auch wenn an einigen die Richtungspfeile weggekratzt wurden. Neben all diesen Kleinigkeiten ist Autofahren auf Kuba aber ein echter Genuß für staugeplagte Europäer: man fährt in moderatem Tempo durch eine großartige Landschaft, sieht viel von Land und Leuten. Die abenteuerlichen Straßenverhältnisse sorgen für einen angenehmen Nervenkitzel.

Kategorien: Reisen

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