Ok, jeder hat seinen eigenen Geschmack. Das ist mir klar. Der eine hat einen guten, der andere einen schlechten, und eine dritte Person einen seltsamen.  Gut, dass unsere Industrie jedem das liefert, was ihm gefällt oder was ihm halt gerade heute gefallen soll. Neben dem ästhetischen Wert verblasst oft die funktionale Seite eines Produkts. So ist es wohl auch bei Motorrädern. Brauchen tut man sie nicht. Mit Bus, Bahn oder dem Auto kommt man schließlich überall hin. Sie sind schnell, teuer und gefährlich. Und für jeden Geschmack gibt es eins. Wer schon ein  bissl älter ist und seine Schäfchen im Trockenen hat, stellt sich eine dicke, gemütliche Harley neben den Benz. Wer keine Kohle hat und auch nicht dafür arbeiten will, besorgt sich eine mehr oder weniger umgebaute Harley mit lächerlich hohem Lenker, lässt den Helm weg beim Fahren und schließt sich einem Motorradclub an und spielt den wilden Mann genauso wie der pensionierte Banker mit der dicksten Harley. Die Nachwuchsfahrer greifen zu 125ern, die naturgemäß langsam sind, aber aussehen sollen, als führen sie 300 km/h. Warum die Poserei aufgeben, die man schon beim Rollerfahren eintrainiert hat?

Sicherlich sollte man auch einen Blick auf die Anforderungen des Gebrauchs werfen. Zusammengefaltet auf einem 200PS Supersportler  wird man Sibirien nicht durchqueren können… Dennoch ist das Aussehen und das dadurch transportierte (eingebildete) Image sicherlich wichtiger als die reine Funktionalität. Und genau deshalb verstehe ich nicht, wie man ein Motorrad wie das unten auf dem Bild kaufen kann. Wer findet dieses Motorrad schön, oder auch nur ansprechend?

Bei diesem Model handelt es sich um eine BMW  F 650 CS „Scarver“. Hier noch ein paar Bilder:

 Und noch eines:

 Als erstes fällt die merkwürdige Kuhle auf dem Tank auf. Dabei soll es sich um ein Gepäckfach handeln. Sehr praktisch! Zu erkennen sind ebenfalls zwei Plastikgriffe neben dem besagtem Gepäckfach. Auch sehr praktisch. Aus demselben Material besteht auch der Gepäckträger am hinteren Ende des Motorrads. Ein wartungsarmer Zahnriemenantrieb ist ist ebenfalls sehr praktisch und unkompliziert. Der Auspuff ist so hässlich, dass man dem Fahrer nur wünschen kann, dass er schnell weiterroste, damit er ihn so bald wie möglich durch einen aus dem Zubehörhandel ersetzen kann. Ich weiß nicht, ob der Designer dieses Motorrads noch bei BMW arbeitet, aber einen Preis hat er sicherlich dafür nicht bekommen. Sicher, bei BMW geht Funktionalität vor Design, das weiß jeder, der schon mal eine 1200 GS mit ihren „Karl-Dall“- Scheinwerfern gesehen hat. Aber irgendwo muss Funktionalität doch mal eine Grenze haben. Mag ja sein, dass f650cs ganz toll fährt und ungemein praktisch ist. Aber schön ist  sie nicht. Und cool schon gleich gar nicht. Scheinbar bin ich nicht der einzige, dem das Bike nicht gefällt. Auf der Negativliste von motorrad-online der größten Flops belegt die F650cs den vierten Platz. Was man sich von dem Motorrad einst erhoffte, zeigt ein Zitat von motorrad-online:

„Der Plan war perfekt: Zeitgleich mit der Vorstellung des iPod von Apple möchte auch BMW im Oktober 2001 ran an die Jugend. Stilistisch unverkennbar vom durchschimmernd-farbigen Design der Trend-Computer inspiriert, soll die Scarver endlich Youngster vom Rechner aufs Bike locken. Neben der ungewohnten Optik peppt ein in die Tankattrappe integriertes Audio-System die als Basis dienende F 650 GS auf. Technisch unterscheidet den 54 PS starken Single im Wesentlichen ein Zahnriemen von der kettengetriebenen GS. Doch die Jungen – Zielgruppe waren die 20- bis 30-Jährigen – wollen weder Robbie Williams im Tank noch einen Apple mit Motor. Der Absatz läuft schleppend, Ende 2005 wird die – mittlerweile in 24 Farbvariationen angebotene – Scarver aus dem Modellprogramm genommen. Besagte Junge sitzen mittlerweile auf KTM Supermotos, japanischen Supersportlern – oder noch immer hinterm Laptop. Vielleicht einem von Apple.“ (http://www.motorradonline.de/de/motorraeder/die-20-groeten-motorrad-flops/101697?seite=6)

 Offenbar ging das ganz schön daneben. Das kommt möglicherweise davon, wenn man zuviel Marktforschung betreibt.


4 Kommentare

Andree · 01.09.2019 um 11:52

Das ist witzig.

Ich fahre auch immer noch ne CS (momentan Rot Metallic :-)) und hab mich immer gewundert, wie die Leute darauf kommen, diesen wunderschöńen – fast organisch geformten Auspuff gegen diese langweiligen, gleichförmigen Zylinder tauschen zu wollen. Die CS heißt Scarver und die Kurven sind halt mit ins Design geflossen.

Geschmack heißt halt auch verstehen 😉

Volker · 18.06.2014 um 19:26

Hallo allerseits,
habe dises Teil auch schon über einige Jahre und bin wirklich sehr zufrieden.Habe an der Optik gerinfügige Veränderungen durchgeführt. Den Auspuff habe ich als erstes ausgetauscht. Das Ding geht wirklich nicht. Ansonsten ein zuverlässigen gut zu fahrendes sowie sicheres Motorrad.

lynkeus · 16.10.2011 um 17:38

Hallo,
danke für den Kommentar. Das Motorrad hat sicherlich das Zeug zum Klassiker, das sehe ich auch so. Ich mag auch gar nicht bestreiten, dass sich das Bike gut fahren lässt. Es ist immerhin eine BMW und bei allen „Mängeln“ im Design genießen Motorräder dieser Marke doch einen mehr als guten Ruf, was ihre Fahrbarkeit angeht. Mir kommt eben lediglich das Design etwas gezwungen vor, um nicht zu sagen anbiedernd vor. Denn es ist wie oben bereits gesagt, doch gerade nicht das Design, was die Menschen zu BMW-Motorrädern greifen lässt, sondern eben Fahrbarkeit und Funktionalität, womit natürlich auch der Fahrspaß zusammenhängt. Wenn man in diesem Fall einmal den anderen Weg gegangen ist, dann hat man bei BMW hoffentlich daraus gelernt. Denn ich glaube nicht, dass sich BMW damit begnügt, wenn das Bike in 20 Jahren ein Klassiker geworden sein wird. Ich denke, sie hätten in der Gegenwart gerne ein paar mehr davon verkauft 🙂
Was ich ebenfalls lächerlich finde, ist das selektive Grüßen. Ich grüße alle Motorräder, auch wenn man von eingen (vor allem Harley- und BMWfahrern) ignoriert wird.

ps. Der Tausch des Auspuffs war eine gute Idee 🙂

Klaus · 16.10.2011 um 12:06

Mag schon alles sein. Ich (50, m) habe mich rein von der Sitzposition und dem Handling und einem günstigen Einstandspreis (sic!)leiten lassen als ich diese Maschine gekauft habe. Der Zahnriemen ist genial! Ich kann das Hüpfen der Kardan-Maschinen genauso wenig leiden, wie das ständige schmieren, reinigen und nachstellen von Ketten.
Habe jetzt 40.000km runter und das Ding sieht aus wie neu.
Die Stuffbay vorne ist, wenn man den ganzen Schnickschnack beiseite lässt, perfekt um den Helm abzulegen und mit einem Schloss zu sichern.Was mich bei jeder Tour auf’s Neue freut!
Das mit dem Auspuff sehe ich genauso. Ich habe mir einen leistungsteigernden, weniger „wohlgeformten“ Auspuff montiert der in Verbindung mit dem Einzylinder richtig gut klingt.
Was mich aber langweilt, ist diese leicht spießige Suche nach nach Coolness-Faktor eines Motorrades. Ich war die letzten Jahrzehnten mehr mit dem Fahrrad als mit dem Motorrad unterwegs und kenne von da dieses Schubladendenken. Rennrad grüßt nur Rennrad, Mountainbike wenn überhaupt nur Mountainbike, ansonsten ist jeder erstmal ein Rivale.
Leider läuft das mittlerweile in der Bikerszene ganz ähnlich, die Leute, die überhaupt noch fahren, scheinen alle richtig Kohle und Zeit zu investieren, um sich von anderen abzusetzen. Allein, dass es dafür ein Ranking für uncoole Maschinen geben soll, spricht Bände!
Wenn man nun noch eine Analogie aus dem KFZ-Bereich bemüht, wird es vermutlich passieren, dass genau diese BMW ein Klassiker wird. Es waren immer Fahrzeuge mit einem mutigen Design und unorthodoxen Detaillösungen, die nachgefragt wurden, aber das ist für mich der Nebeneffekt, ich fahr dieses Motorrad einfach gerne und deswegen habe ich mich jetzt zu einer Gegenrede hinreißen lassen!

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