Neulich, eine Idee, ein Flug, ein Hostel, ein Konzert. Manchmal macht man Dinge, die sich als Grundidee erst mal blödsinnig anhören – sich im Nachklang aber als genau richtig erweisen.
So geschehen letzte Woche. Barcelona für eine Nacht quasi, und wofür?

Glen Hansard.

Also Freitag morgen um 5 ab Richtung Söllingen, Schnee, das wird eng. Vor mir Räumfahrzeuge und LKW, sei es drum, der Franzose rockt das schon. Es wurde sehr eng, aber meine erste – und bis auf den Rückflug auch sicher letzte RyanAir-Erfahrung zeigt: wenn man sowieso nochmal 20 Minuten im Schneegestöber warten muss, kann man eigentlich kaum zu spät kommen – aber das ist eine andere Geschichte.

So. Barcelona. Mal wieder, und vor allem: immer wieder gerne. 15 Grad und Sonne – Paralleluniversum. Den Tag irgendwie zwischen Vorfreude und Müdigkeit in der Stadt verbringen, hatte ich erwähnt, dass Barcelona in meiner Welt die Stadt mit der größten Dichte an Platten(Vinyl)-Läden ist? Nein? Hiermit geschehen. Leider war ich nur in Stöber- aber nicht Kauflaune…

Nach Dosenbier und Chips vorm L’auditorium die erste Überraschung – 20 Minuten vorm Konzert sind wir fast die Ersten – der Spanier an Sich wartet wohl nicht gern. Egal, cooler Laden, bis an die Decke bewaffnet mit vielversprechender Akkustikoptimierung, wohl eher für Kammermusik und Klassik ausgelegt, was definitiv von Vorteil sein muss. Bis zur „Vorband“ war immer noch erst die Hälfte der Plätze belegt – Barcelona ist groß, da kann die Anreise schon was dauern.

Lisa Hannigan kommt auf die Bühne und trällert dankbar aber leise schüchtern vor sich hin. Dennoch: sehr empfehlenswert und gekauft. Was stört: halb Spanien ist auf den Beinen und sucht seinen Platz, laut und hell, dank Handydisplay. Sie aber spielt unverdrossen eine Mischung aus Irishfolk und Pop mit wechselnden 6-Saitern: einfach schön.

21:30 Uhr. Seit 17 Stunden auf den Beinen und erst jetzt geht es richtig los. Ich bin so müde. Die ersten drei Nummern gehen wie in Trance vorbei. Eine Mischung aus unfassbarer Erschöpfung aber riesiger Begeisterung macht sich breit. Der Mann ist einfach gut, spielt an dem Abend für meinen Geschmack zu viel vom aktuellen Album „Rhythm and Response“, aber wer beschwert sich hier? Als ich nach 20 Minuten wieder aus meiner Lethargie erwache, merke ich erst, wie gut dieser Abend in Wirklichkeit ist. Hansard spielt sich – so abgedroschen es klingen mag – die Seele aus dem Leib und alle 900 anderen im ausverkauften L’auditorium danken es ihm. Gibt es einen Ort an dem ich jetzt lieber wäre? Nein. Definitiv nein. Glen Hansard ist ein Künstler, der so echt, so authentisch, so nah ist, dass jeder Ton von ihm berührt, weh tut, gut tut. Mit seiner beneidenswerten Musikalität vermag er es auch den letzten im Saal zu packen – und übrigens – Barcelonesen: Ihr seid groß! Ihr schreit es raus wenn euch etwas gefällt, laut und ehrlich. Danke! Vielleicht ein kleiner Wehrmutstropfen: in dem Laden gibt es nichts zu trinken, und mit nichts meine ich – Nichts. Setzen. Sechs.

Und plötzlich ist es vorbei. Thank you and good night.
Wenige Minuten später kommt er alleine zurück und stellt sich an den Rand der Bühne, mit seiner Gitarre, unverstärkt, ohne Mikro und spielt „Say It to Me Now“ aus dem innersten des Innern. Gänsehaut.
Die Zugaben sind dann alle eine Mischung aus Jam-Session und dem simplen, reduzierten Spaß am Musizieren. Für sich alleine nochmal 45 Minuten Bonus auf ein eh schon großes Erlebnis, von dem ich nicht
eine Sekunde missen möchte. Alleine die 15 Minuten Cohen-Klassiker „Passing Through“ inklusive kollektiver Musiker-Wanderung durch den gesamten Saal mit Anfassgarantie sind die Strapazen wert.
Danke Glen für zweieinhalb wunderbare Stunden. Danke Swell Season. Danke Lisa Hannigan. Danke Barcelona.

Video vom 16.02.2013:


Setlist:
The Storm, It’s Coming
You Will Become
Maybe Not Tonight
Talking with the Wolves
Love Don’t Leave Me Waiting
Philander
When Your Mind’s Made Up
Low Rising
Bird of Sorrow
Leave
Come Away to the Water
Back Broke
Paper Cup
High Hope
Moving On
Song of Good Hope
Encore:
Say It to Me Now
Gold
O Sleep
This Gift
Falling Slowly
Passing Through


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