Da dieser Text die hochverehrten Juroren eines bedeutenden Literaturwettbewerbs offenbar doch nicht überzeugen konnte, lege ich ihn, der besseren Lesbarkeit halber in drei Teilen, den geneigten Lesern dieses Blogs vor, damit er nicht in der Schublade verstaubt und vergessen wird.

Europa

Alle sahen das Meer zum ersten Mal. Es sah schön aus. Ganz ruhig und gleichmäßig brach sich die Dünung am Strand. Die untergehende Sonne legte ein friedliches Licht über den Ozean. Man hatte ihnen gesagt, sie sollten hier auf die Nacht warten, dann würde man sie abholen. Also setzten sie sich in den warmen Sand und schauten hinaus aufs Meer, das glatt wie ein See vor ihnen lag. Einer von ihnen glaubte am Horizont Land zu erkennen und steckte mit damit alle anderen an. Im sinkenden Licht starrten alle auf das Meer hinaus, um weit hinten in der Ferne ihr Ziel zu sehen. Manch einer glaubte, es linker Hand etwas abseits liegen zu sehen, so dass die Übrigen bald auch in diese Richtung sahen, bis auch sie Land zu sehen glaubten, wo keines war. Es lag rechter Hand und war von hier aus nicht zu sehen, obwohl es an dieser Stelle nur ungefähr 50 Kilometer entfernt war. Zwar gab es noch Orte, an denen der Abstand die Entfernung nur knapp 20 Kilometer betrug, dort aber sei es nicht sicher, wegen der patrouillierenden Küstenwache, hatte der Marokkaner gesagt. Der Marokkaner stieß erst am Nachmittag zu ihnen. Er sollte sie in einem Boot nach Spanien bringen. Bei Nacht. Der Berber hatte sie durch die Wüste gebracht, der Marokkaner würde sie übers Meer bringen. Drüben würden sie einen anderen treffen, der ihnen Arbeit geben würde. Denn arbeiten wollten sie. Sie mussten es auch, denn um die Kosten für die Reise aufbringen zu können, hatten sie sich Geld geliehen. An Land würden sie erstmal ihre Schulden abarbeiten müssen.
Die Nacht brach an und mit ihr kam ein warmer Wind. Im Dunkeln warteten sie auf das Boot. Einige wurden ungeduldig. Das nahe Ende ihrer Reise vor Augen, gingen sie am Strand auf und ab, fragten den Marokkaner immer wieder nach dem Boot. Der gab nur spärlich und vage Auskunft. Irgendwann brummte er nur noch einen derben marokkanischen Fluch in die Nacht, sobald man ihn nach dem Boot fragte. Einige lagen im Sand und träumten. Von weißen Betten in einem weißen Haus, von einem vollen Fußballstadion, von Verwandten, Kindern und der exotischen Blässe der Mädchen, die man nur aus dem Fernsehen kannte. Manche unterhielten sich. Sie sprachen von harter Arbeit in kühlen Fabriken, auf heißen Feldern, in engen Küchen. Die Jungen schwärmten von den Mädchen, mit denen sie ausgehen würden und von Autos, in denen sie durch die Nacht zu diesen Mädchen fahren würden.
Der Marokkaner sah es als erster. Draußen auf dem Meer blinkte ein Licht. Das Boot war da. Ein weißes Boot. Eine Yacht, riefen sie in verschiedenen Sprachen. Doch jeder verstand den anderen. Aus Freude über das nahe Ende der Reise weinten einige heimlich. Nur noch übers Meer. Ein Katzensprung, hatte der Marokkaner gesagt, bei ruhiger See in ein paar Stunden zu schaffen. Noch vor Sonnenaufgang würden sie dort sein. Die Yacht kam näher, drehte bei. Sie sahen, dass sie einen großen dunklen Kahn hinter sich herzog, der träge im Wasser lag und in der Dunkelheit wie ein erlegter Wal aussah. Hastig winkte der Marokkaner winkte ihnen zu, sie gingen bis zur Brust ins Wasser. Der Marokkaner kletterte in das dunkle Boot und bedeutete den Männern im Wasser, sie sollten den Kahn in Richtung Strand ziehen. Die Yacht lag abseits, wartete.


2 Kommentare

lynkeus · 29.01.2008 um 21:35

Gut möglich. Vielleicht hätte auch ein arabisch klingender Frauenname geholfen…
Denn mehr als vermeindliche Glaubwürdigkeit zählt das Gefühl der Betroffenheit, vor allem bei denen, die von nichts betroffen zu sein bräuchten, sich aber nicht sehnlicher wünschen…

Iwan Jakowlewitsch · 29.01.2008 um 20:21

Vielleicht hättest du dich vor dem Einsenden auf einen ethnophilen Namen Abdoullah Ibn-al-Abdoul umtaufen lassen und dich auf den wahren Gehalt der Geschichte beziehen müssen? Mach dir nix draus, die haben auch nur keine Ahnung.

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