Es ist nicht leicht, dieses Buch angemessen zu besprechen und dennoch nicht zu viel zu verraten. Dass es bereits kurz nach der Veröffentlichung ein großer Erfolg war, belegt die Tatsache, dass eine Firma, die sich später Metro Goldwyn Mayer Pictures Corporaion“ nennen sollte, bereits 1922 die weltweiten Rechte dafür erwarb. Dabei ist es leider geblieben. Eine Verfilmung dieses kleinen Romans existiert bislang nicht. Kurz gesagt handelt das Buch von dem Studenten Stanislaw Demba, der im Wien des beginnenden 20. Jahrhunderts versucht, 400 Kronen aufzutreiben, damit er mit seiner Angebeteten, Sonja, eine Reise nach Venedig machen kann. Er muss sich beeilen, denn ein Nebenbuhler ist im Begriff an Dembas Stelle mit Sonja nach Venedig zu reisen. Die Fahrkarten sind bestellt, am nächsten Tag soll es losgehen. Demba hat nicht viel Zeit. Innerhalb eines Tages muss er an das Geld kommen, sonst kann er sich nicht nur die Reise abschminken, sondern auch seine Sonja, deren Gefühle für ihn wohl schon deutlich abgekühlt sind, wenn sie lieber mit einem anderen auf Reisen gehen will.
Der Roman erzählt von Dembas verzweifeltem Versuch an das Geld zu kommen. Oft ist er ihm ganz nahe, zum Greifen nah, im buchstäblichen Sinn, und dennoch unendlich weit entfernt. es liegt vor ihm und doch nimmt er es nicht, verlässt dafür so schnell es geht den jeweiligen Ort. Er in der Mitte des Romans, in Kapitel 6, erfahren wir, wieso Demba stets seine Hände unter dem Mantel verborgen hält. Interessant sind die vorangehenden Kapitel nicht nur wegen ihrer skuril-grotesken Charakter- und Milieustudien, die so exakt skizziert sind, dass sie manchmal wie Karikaturen wirken. Eine interessante Technik, Verzerrung durch exakte Darstellung. Auch die Form gerade der ersten 5 Kapitel ist bemerkenswert. Sie ähnelt ein wenig dem Drama. Man betritt die Szene, sieht eine Gruppe von Personen, die sich um ihre jeweils eigenen Angelgenheit kümmern (das zweite Kapitel beispielsweise zeigt uns zwei angesehene Wissenschaftler, Orientalisten und Völkerkundler, die sich im Park über die Verbreitung und die Auswirkungen des Haschischkonsums unterhalten. Erst später tritt Demba auf. Man fühlt sich erinnert an Regieanweisungen im Drama: „Die Vorigen, Demba tritt hinzu.“ Allerdings ergibt sich eine Beziehung zwischen den Passanten und Demba erst im Moment, als er auftritt. Was vorher geschieht steht damit nicht in Zusammenhang. Die Konfrontation wird so umso deutlicher, genauso wie die Verstörung und Verwirrung der Menschen, die sich Dembas kurioses Verhalten nicht erklären können. Einer der Professoren hält in mit überzeugend zur Schau getragener Autorität für einen „Haschischesser“: „Ich erkenne sie sofort, wenn ich sie sehe.“
Ob Demba sein Ziel erreicht, was sein Geheimnis ist, verschweige ich an dieser Stelle. Man darf die Pointe nicht kennen, auf keinen Fall. Sonst verliert der Roman seinen Reiz. Am Ende klärt sich alles auf. Aber dieses Ende ist, vor allem in kompositorischer und erzähltechnischer Hinsicht, grandios, so dass man den Roman danach noch einmal lesen muss.

0 Kommentare

Kommentar verfassen

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.

%d Bloggern gefällt das: