Ein großer, heller, Raum mit hoher Decke und großen Fenstern. Auf dem Boden liegt braunglänzendes, sehr altes Parkett. Inmitten des Raumes steht eine Vitrine aus Glas. Darin befinden sich zahlreiche kostbare Stücke aus den verschiedensten Epochen: mesopotamische Urnen, römische Amphoren, Rokokogläser und Bergkristallvasen in postmodernem Design. Ein ganzer Schrank aus Glas, vollgestopft mit Dingen aus Glas, Keramik, Ton. Diese Vitrine braucht nicht eigens beleuchtet zu werden, die hohen Fenster lassen genug Licht herein. Viele Menschen betreten den Raum, gehen auf die Vitrine zu, bestaunen die Becher, Gläser Vasen, indem sie langsam um den Glasschrank herumgehen. Sie verlassen den Raum durch eine Tür am anderen Ende des großen Zimmers, das man fast schon einen Saal nennen könnte, gäbe es nicht noch weitaus größere in diesem Haus.

In einer Ecke des Zimmers sitzt ein Mann auf einem Stuhl und stellt durch seSamsung Wave GT S8500 eplusine Anwesenheit sicher, dass sich keiner der Besucher an der Vitrine zu vergreifen versucht. Dieser Mann betritt am frühen Morgen, aber doch lange nach den ersten Sonnenstrahlen, den Raum. Er öffnet mit einem alten Schlüssel die Tür, tritt ein, inspiziert die Vitrine, die Fenster, wird vom knarrenden Parkett ans andere Ende des Zimmer begleitet, wo er die andere Tür mit demselben alten Schlüssel öffnet. Er zieht die hohe Tür auf und weist diesmal dem knarzenden Parkett den Weg zu seinem Stuhl in der Ecke. Hier sitzt er den ganzen Tag, das Parkett liegt neben ihm. Alles bleibt ruhig, bis ein Besucher den Raum betritt. Der Mann mustert den Besucher auf seinem Weg zur Vitrine aufmerksam, bei seinem Gang um den Glaskasten herum misstrauisch, auf seinem Weg zur gegenüberliegenden Tür wohlwollend und erinnert sich seiner mit Freude, sobald der Besucher den Raum verlassen hat. Betritt ein Besucher den Raum ist es, als springe das knurrende Parkett auf, als folge es dem Besucher auf Schritt und Tritt durch den Raum, ihn streng bewachend. Es legt sich verhallend neben den Mann auf dem Stuhl, sobald der Besucher den Raum wieder verlassen hat.

Es gab eine Zeit, das herrschte nie Stille in dem großen Raum mit den hohen Fenstern. Ein beständiger Strom unterschiedlichster Besucher folgte der immergleichen Bahn von der Tür zur Vitrine, um die Vitrine herum, zur anderen Tür hinaus. Wie laut, wie böse, wie aggressiv knurrte da das Parkett ohne Unterlass, wie aufmerksam, wie misstrauisch, wie wohlwollend beobachtete der Mann auf dem Stuhl jeden einzelnen vorbeiziehenden Besucher.

Jetzt aber ist es sehr still geworden. Nur noch sehr wenige Besucher folgen der unsichtbaren Bahn durch den Raum, an manchen Tagen kein einziger. Eine andere Attraktion mag die Menschen mehr anziehen als der Glasschrank mit seinen verschiedenen Tassen, Krügen, Schüsseln. Oder es wurde einfach langweilig die Vitrine zu betrachten. Ob nun Besucher kommen oder nicht, der Mann sitzt auf seinem Stuhl und gibt acht, dass nichts passiert. Abends erhebt er sich, geht erst zur Tür am Ende des Raumes schließt sie mit dem alten Schlüssel zu, geht an der Vitrine vorüber, nicht ohne selbst die ausgestellten Stücke kurz zu bewundern und überprüft die hohen Fenster, durch die am Abend kaum Licht mehr kommen möchte, wirft einen letzten, beinahe warnenden Blick auf das dunkel glänzende Parkett, vielleicht um ihm einzuschärfen, die Vitrine gut zu bewachen, zieht schließlich die Tür hinter sich zu und schließt sie mit dem alten Schlüssel ab.

Kurz nach ihm verlässt auch der letzte Rest Licht den großen Raum mit den weißen Wänden und die Vitrine zeigt ihre Kostbarkeiten der Nacht.

Als der Mann eines morgens die große Tür aufschließt und den Raum betritt, bleibt er entsetzt stehen. Dort wo der Glasschrank gestern Abend noch gestanden hat, ist jetzt nur noch ein großer Haufen bunter Scherben zu sehen. Die Vitrine und alles, was sie enthielt, liegt jetzt einträchtig auf einem Haufen, der sich nach außen sternförmig in den Raum verteilt. Der Mann rennt zu den Fenstern, zur anderen Tür hinüber, an dem gläsernen Haufen vorbei und wieder zurück zur Tür durch die er kam. Nirgends findet er Spuren eines Einbruchs. Alle Fenster sind ordnungsgemäß verschlossen und die Türen verraten auch keinen noch so geschickten Einbrecher. Wieso hat man diese zum schönen Exponate zerstört, warum all diese wertvollen Gefäße zertrümmert? Wer hat denn etwas davon? War es ein Dieb, der ein bestimmtes Gefäß stehlen wollte, und um seine Spuren zu verwischen, einfach den Rest zerstört hatte? War es ein Erdstoß? Die Putzfrau? Eine Katze? Der Mann kommt auf keine Lösung. Kein Spur eines Einbrechers, nichts das darauf hingewiesen hätte, dass nach ihm noch jemand im Zimmer gewesen ist. Er geht in die Mitte des Zimmers und sieht mit Wut und Trauer auf den Haufen hinab. Das Parkett liegt darunter, daneben und bleibt still. Er weint, hält sich die Hände vor’s Gesicht, schluchzt erbärmlich, bis er sich rasch umdreht, zu den Türen rennt, sie schließt und wieder zurück zu den Scherben läuft. Er lässt sich auf die Knie nieder, das Parkett knarrt. Scherben knirschen, als sie sich durch den Stoff seiner Hosen in seine Knie bohren. Mit beiden Händen greift er nach irgendwelchen Scherben und versucht sie zusammenzusetzen. Mit blutigen Fingern ertastet er immer wieder mal große scharfe Scherben, mal kleinste spitze Splitter. Sein Blut färbt die Scherben rot. Die Scherben färben seine Hände mit derselben Farbe. Er weint und schreit; aber nicht seiner blutenden Hände und Knie wegen, sondern aus Wut und Trauer. Nach einiger Zeit steht er auf. In seinen blutüberströmten Händen hält er ein hässliches, unförmiges, blutverschmiertes Gefäß, aus den verschiedensten Scherben zusammengesetzt, zusammengehalten von seinem Blut, glasiert mit seiner Trauer und verziert mit seiner Wut. Mit den Füßen schiebt er den blutigen Rest des Haufens in die Ecke unter seinem Stuhl, stellt das hässliche Gefäß an den Platz wo gestern noch die schönen Vasen in der Glasvitrine standen. Er schließt die Türen wieder auf und läßt sich vom Parkett zurück zu seinem Stuhl führen. Er fühlt das Blut an seinen Fingern hinunterlaufen, spürt in den Händen seinen Puls und hört wie das Blut im selben Rhythmus zu auf den Boden tropft.


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