Das ist die wohl ungewöhnlichste Literaturgeschichte, der ich je begegnet bin. Der Titel ist nicht übertrieben. Allerdings habe ich es nicht in einer Stunde lesen wollen. Klabund kommt einem vor wie ein Kind, das vor einer Kiste mit Spielzeug sitzt und fasziniert in die Kiste greift, eine Puppe, eine Spielzeugauto oder sonst etwas zu fassen bekommt, es für einen kurzen Moment intensiv mustert, sich ein Urteil bildet und das Spielzeug zu anderen in einen Setzkasten stellt.
Die Geschwindigkeit, mit der Klabund durch fast 2000 Jahre deutscher Literaturgeschichte fegt, lässt einen schwindeln. Es ist kein Buch für einen, der sich einen schnellen Überblick über die deutsche Literaturgeschichte verschaffen möchte, dafür ist es einfach zu kurz (Lessing bekommt 2 Seiten, Goethe immerhin 7, Thomas Mann ganze 4 Zeilen). Man muss sich schon auskennen, um Klabunds Urteilen folgen zu können. Wie Tuschezeichnungen stehen sie vor dem Leser. Mit wenig Strichen aufs Papier geworfen, voll starker Kontraste bleiben sie dennoch nicht farblos. Klabund ist in der Lage seine Sprach auf engstem Raum ins Schwärmerisch-Pathetischezu treiben und wieder zurück zum Sachlich-Abwägendem. Zünftige Literaturwissenschaftler begegnen diesem Werk als Beitrag zur Literaturgeschichte wohl im besten Fall mit einem wohlmeinenden schulterzuckendem Lächeln. Als ein Stück Literatur begriffen werden sie diesem Büchlein wohl ihre Achtung nicht versagen können.
Vielleicht ist dieser schmale Band die ehrlichste aller Literaturgeschichten. Sie ist bis ins Mark subjektiv, erhebt keinen Anspruch auf Allgemeingültigkeit oder wissenschaftliche Akuratesse. Und sie vermittelt, was keine Literaturgeschichte geben konnte, die ich bislang gelesen habe: Freude an und tiefe Liebe zur Literatur.
Und genau deshalb ist sie trotzdem bestens für die geeignet, die Literatur als öde Schullektüre kennengelernt haben oder mit immergleichen Krimis nach der Langeweile schlagen.

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