Nach dreieinhalb Tagen im sonnigen Inverness machten wir uns gestern auf, um die Zivilisation zu verlassen; auf in Richtung Orkney Inseln. Man mag denken, dass Inverness hoch im Norden liegt, doch weit gefehlt: Zwischen uns und Kirkwall liegen eine dreistündige Busfahrt nach John O’Groats, eine 40 minütige Fährpassage nach South Ronaldsy, gefolgt von einer weiteren 35 minütigen Busfahrt in den Hauptort der Orkneys.

Wir verlassen Inverness also bei strahlendem Sonnenschein und fahren, im Osten das Meer (komplett mit Ölbohrinseln), im Westen die Highlands, nordwärts. Irgendwann muss ich kurz eingenickt sein und als ich wieder aufwache, umfängt den Bus dichter Nebel. Ein Vorgeschmack auf die Dinge, die vor uns liegen. Spätestens an diesem Punkt fragte ich mich, wer auf die großartige Idee gekommen ist, den Sommerurlaub auf einer Insel zu verbringen, die auf derselben Höhe liegt wie Südgrönland! Mh, ja ich bekenne mich schuldig. Je weiter wir nach Norden fahren, desto spärlicher ist die Gegend besiedelt. So etwas wie eine Stadt gibt es (bis auf Wick) nicht mehr. Selbst Dörfer bleiben die Ausnahme. Ab und zu passieren wir eine einsame Farm und die Anzahl an Schafen und Rindern hat die der hier lebenden Menschen schon vor Meilen überschritten. Als dann auch noch die Bäume der Heide weichen, denke ich vor jeder Kurve, dass danach die Welt enden wird. In guter mittelalterlicher Tradition wird der Bus einfach von der Erde fallen. Dieser Eindruck wird durch die beiden vor mir sitzenden zugestiegenen Damen verstärkt, die sich unterhalten, in einer Sprache, die ich (obwohl studierte Anglistin) nur anhand von Fetzen als Englisch ausmachen kann. Mir schwahnt Böses. Immerhin stelle ich an diesem Punkt zufrieden fest, dass unsere Vorbereitungen sich als nützlich erweisen könnten: Nachdem wir sage und schreibe 4 Verkäufer in verschiedenen Geschäften fast in die Verzweiflung getrieben haben, ist der Computer jetzt dank einer extra SIM Card internet-autark (Christians Priorität Nummer 1). Und dank Hamsterkäufen (natürlich nur Hochkalorisches – man muss hier oben praktisch denken!) werden wir auch überleben, sollten die Orkneys moderne Einrichtungen der Zivilisation wie Supermärkte vermissen lassen (meine Priorität Nummer 1). Selbst Christians neueste Errungenschaft, ein Bademantel (gekauft in einem schwachen Hugh-Heffner-Gedächtnismoment), könnte uns hier gute Dienste erweisen, sollte die Heizung im Ferienhaus versagen.

Aber bevor die Orkneys kommen, kommt erst einmal John O`Groats, im Reiseführer zurecht als völlig überbewertet beschrieben. Wo hier 500 Menschen wohnen sollen, ist mir ein Rätsel, denn tatsächlich besteht der Ort lediglich aus einem Parkplatz, einem Fähranleger, einem Touriladen und einem (wahrscheinlich gesetzlich für jeden Küstenort vorgeschriebenen) Fish-and-Chips Wagen. Das Gute an diesem Ort ist, dass er einem die Angst davor nimmt, in der Einsamkeit der schottischen Inseln zu ertrinken oder zu erfrieren, denn überall ist es besser als hier. Dementsprechend froh sind wir auch, als endlich die Fähre kommt, um uns zu retten.
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Die Überfahrt, eigentlich unspektakulär, da der dichte Nebel keinen Blick auf die umliegende Inselwelt zulässt, kann dann aber doch mit einem weiteren Highlight unseres bisherigen Urlaubs aufwarten; mit der ersten Puffinsichtung! Ungelenk scheint der lustige Vogel über das Wasser zu rennen und versucht verzweifelt, seinen pummeligen Körper in die Lüfte zu erheben. Schließlich scheitert er kläglich und paddelt davon. Er ist eben wahrlich der Mops der Lüfte!

Schließlich erreichen wir die Orkneys und ich wünschte, ich könnte bereits meine ersten Eindrücke von der Landschaft schildern, doch bisher kann ich nichts sagen, denn das ist genau das, was der schottische Nebel mich hat sehen lassen.

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Aber wie gesagt, wir sind für alles gerüstet: Der Winter kann kommen!

Karla Kolumna


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