2014 ist viel von 1914 und dem verheerenden  1. Weltkrieg die Rede. An dessen Ende lagen die Kronen der Fürsten auf den Straßen, aber niemand wollte sie aufheben, schrieb Lenin einmal. Machtans Biographie ist einem Mann gewidmet, der in den letzten Tagen und Wochen des  Ersten Weltkriegs im Deutschen Reich eine besondere Rolle gespielt hat. Prinz Max von Baden befindet sich im Zentrum des untergehenden Kaiserreichs und hatte die undankbare Aufgabe, das verrottete Reich abzuwickeln, ohne dass Deutschland in einem Bürgerkrieg versank. Da ist es doch ziemlich erstaunlich, dass es wenige Biographien zu diesem Mann gibt, vielleicht weil man in ihm keinen die Umstände bestimmenden Faktor auf das Geschehen sah, ja ihn im Grunde für einen armen unglücklich agierenden Tropf hielt, den der Mangel an Alternativen auf den Posten des Reichskanzlers gespült hat, wo er gegen die wahren Machthaber im Jahre 1918, die Leiter der OHL, allen voran Hindenburg und Ludendorf, keine Chance hatte, Akzente zu setzen. Viele hielten ihn auch einfach für einen Schwächling. Diese Biographie ist nun keine Rehabilitierung eines Verkannten, sondern bestätigt im Grunde die vorherrschenden Klischees und Vorurteile, stellt diese aber auf eine solide historische Basis. Diese Basis hätte noch fester sein, können, wenn das Haus Baden Herrn Machtan Einblick in bislang unter Verschluss gehaltene Dokumente gewährt hätte. Die Erklärung, sich selbst erst ein Bild machen zu wollen, lässst Machtan erst einmal im Raum stehen, um am Ende des Buches den aus seiner Sicht plausiblen Grund anzudeuten.  Machtan deutet an, dass das Haus Baden sich in der Zeit nach dem Untergang des Kaiserreichs mit ziemlich unlauteren Mitteln einen Großteil seiner Güter und Vermögenswerte gesichert habe, was man mit der Weigerung gewisse Dokumente freizugeben, zu vertuschen suche.

Ein Reiz dieser Biographie liegt für den Historiker sicherlich in der Aufarbeitung der Kanzlerschaft des Prinzen. Wesentlich reizvoller erschien mir aber die Darstellung einer gesellschaftlichen Elite, die bis zum Untergang 1918 an ihre eigene politschen und gesellschaftliche Berufung als herrschende Schicht geglaubt hat. Machtan zeichnet ein großartiges Panarama einer untergangenen Welt, in der sich Prinz Max bewegte und von der heute außer ein paar Gebäuden in bester Lage und einem Haufen alter Trödel in den Museen der ehemaligen Residenzstädte nicht mehr viel zu sehen ist. Dass die dynastische Welt des ausgehenden „langen 19. Jahrhunderts“ für die sich darin bewegenden nicht einfach ein superluxuriöses Wolkenkuckucksheim war, sondern eben auch ein System des Zwangs, kann Machtan ebenfalls herausarbeiten. Ohne hier zuviel anzudeuten: man überlege sich, wie es der homosexuelle Prinz fertig brachte, zwei Kinder in die Welt zu setzen. Eine durchaus pikante Episode, die man den Fans der modernen Royals unbedingt ans Herz legen möchte.


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